6. Oktober 2025 | Analyse zeigt
DAX-Unternehmen bei Nachhaltigkeitsberichten längst weiter
als die Politik
- 33 von 37 DAX-Unternehmen nutzen EU-Standards der CSRD freiwillig
- EU-Deregulierungsagenda droht Vorreiter-Unternehmen zu bestrafen
Berlin/Wien. Während die deutsche Politik die Umsetzung der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie CSRD verschleppt und damit EU-Recht
gebrochen hat, machen Unternehmen Ernst mit der Nachhaltig-keitsberichterstattung. Das zeigt eine heute veröffentlichte Studie von WWF Deutschland, WWF Österreich und der TU Wien: 33 von 37
untersuchten DAX-Unternehmen erstellen ihre Nach-haltigkeitsberichte bereits freiwillig nach den neuen europäischen Standards (ESRS) – obwohl die gesetzliche Verpflichtung in Deutschland
fehlt.
„Die schleppende Umsetzung der CSRD durch die deutsche Politik steht im Kontrast zu vielen Unternehmen, die bereits vorangehen und die
neuen Standards freiwillig anwenden. Ein deut-liches Zeichen dafür, dass viele Unternehmen den Bedarf und strategischen Mehrwert von Nach-haltigkeitsinformationen erkannt haben", sagt David Helbig,
WWF-Experte für Nachhaltigkeits-berichterstattung.
Die Analyse der ersten ESRS-Berichte von DAX40- und ATX Prime-Unternehmen für das Geschäftsjahr 2024 belegt: Die Standards verbessern
Nachhaltigkeitsberichterstattung erheblich. Sie schaffen Transparenz und Vergleichbarkeit bei Strategien und Transitionsplänen zu Klima- und Naturschutz. Durchschnittlich identifizierten die
Unternehmen 7,2 von 10 Nachhaltigkeits-themen als wesentlich entlang ihrer Wertschöpfungskette.
„Die Unternehmen setzen längst auf umfassende Nachhaltigkeitsberichte, weil sie davon profitieren: mehr Transparenz, mehr Vertrauen – und
damit mehr Investitionen und Wettbe-werbsfähigkeit. Es braucht jetzt Planungssicherheit statt neuer Rückschritte bei den Regeln“, sagt Helbig.
Ausgerechnet jetzt gefährdet die Omnibus-Initiative der EU-Kommission den Erfolg der Stan-dards. Sie droht, zentrale
Umweltberichtspflichten wieder abzuschaffen – unter dem Deckmantel des „Bürokratieabbaus". „Die ESRS ermöglichen erstmals eine systematische und vergleichbare Darstellung von
Nachhaltigkeitsauswirkungen und -risiken. Eine Einschränkung des CSRD-Anwenderkreises im Rahmen des Omnibus-Prozesses wäre ein fataler Rückschritt. Ohne breite Datenbasis fehlt die Grundlage für
zukunftsfähige Entscheidungen", warnt Helbig.
Besonders auffällig: Der Finanzsektor stuft deutlich weniger Nachhaltigkeitsthemen als wesentlich ein als andere
Sektoren. Während produzierende Unternehmen durchschnittlich 8,0 von 10 Themen als relevant bewerten und der Transportsektor 7,7, sieht der Finanzsektor nur 5,2 Themen als wesentlich
an.
Deutsche und österreichische Banken und Versicherungen stufen Wasser-, Biodiversitäts- und Verschmutzungsrisiken häufig als nicht
wesentlich ein – obwohl sie genau diese über Kredite und Investments mitfinanzieren. Ein Widerspruch, der die Gefahr von Informationsasymmetrien und mangelnder Risikotransparenz
offenbart.
Der WWF fordert die Bundesregierung auf:
1. CSRD-Umsetzung schnellstmöglich abschließen und damit den aktuellen Rechtsbruch beenden
2. In Brüssel gegen Abschwächung der ESRS eintreten, insbesondere:
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Doppelte Wesentlichkeit als Kern der Standards erhalten |
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Umweltstandards E2-E5 nicht aussetzen |
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Prüfungspflicht beibehalten |
„Die Omnibus-Initiative bestraft jene Unternehmen, die ihre Hausaufgaben gemacht haben. Kleinere Unternehmen werden sich in Zukunft zudem
mit einer Vielzahl an unstrukturierten und unklaren Datenabfragen konfrontiert sehen, was zu einer höheren Kostenbelastung führt", warnt Studienautor Dr. Josef Baumüller von der TU
Wien.
Nachhaltigkeitsinformationen sind keine Bürokratielasten, sondern Grundlage für eine zukunftsfähige Wirtschaft. Wer sie jetzt
verwässert, gefährdet Standort und Wettbewerbsfähigkeit.
Über die Studie
Für die Studie wurden die Nachhaltigkeitsberichte deutscher und österreichischer Unternehmen des Geschäftsjahres 2024 systematisch analysiert und ausgewertet. In die Stichprobe wurden Unternehmen
aufgenommen, die am ATX Prime oder DAX40 gelistet sind, ihren Sitz in Österreich oder Deutschland haben, zur Erstellung einer Nachhaltigkeitserklärung verpflichtet sind und deren Bericht bis zum 1.
Juli 2025 vorlag. Für Deutschland umfasst die Stichprobe 37 Unternehmen, für Österreich 33 Unternehmen.
Quelle: WWF Deutschland