NATUR Online Kolumne
Beiträge zu wichtigen Nachhaltigkeitsthemen unserer Zeit. Die Nachhaltigkeitstipps stammen - wenn nicht anders angegeben - von Susanne Hufmann, Biologin und Redakteurin bei NATUR Online.
Mähroboter gegen Artenvielfalt
Vom Einsatz im heimischen Garten wird dringend abgeraten
Das Gras im Garten beginnt zu sprießen. Dazwischen kleine Blüten von Wildkräutern, Maulwurfs-hügel und Ameisenhaufen. Was für Wildbienen, Schmetterlingsraupen und naturbegeisterte Gartenbesitzer eine Freude ist, ist für viele andere ein Ärgernis.
Mit dem Resultat: Es muss gemäht werden. Und zwar sofort und immer wieder, um den Rasen dauerhaft kurz und pflegeleicht zu
halten. Anstatt sich an einem bunten Blumenmeer mit all seinen tierischen Bewohnern zu erfreuen, findet der moderne Gartenpfleger Freude an der Ordnung und einem monotonen Dauergrün aus robusten und
schnittfesten Gräsern. Das Nachsehen hat die Natur.
Zwar schneiden autonome Mähroboter im Vergleich zu anderen Rasenmähern bezüglich der Abgasbelastung, des Stromverbrauchs und der Lärmerzeugung am besten ab, doch sind sie für die Artenvielfalt verheerend.
Kleintiere wie Kröten, Eidechsen, Blindschleichen, Molche und Salamander können den oftmals per App gesteuerten Hochleistungsgeräten kaum entkommen. Einsatzzeiten, Schnitthöhen und Startpunkte sind voreingestellt. Ohne Aufsicht und ohne Rücksicht setzen sie sich in Gang und mähen alles innerhalb eines festgelegten Bewegungsfeldes nieder.
Aus Bequemlichkeit lassen viele Rasenbesitzer den Mähroboter vor allem dann mähen, wenn sie nicht zu Hause sind. Noch beliebter sind die Nachtzeiten, da die strombetriebenen Mähroboter kaum Lärm verursachen. Nicht bedacht wird aber, dass dämmerungs- und nachtaktive Tiere wie Igel genau dann im Garten unterwegs sind, um nach Nahrung zu suchen.
Besonders gefährdet: Junge Igel, die, wenn sie angefahren werden, sich einkugeln und dem Gerät hilflos ausgeliefert sind.
Es stellt sich die Frage, ob wir uns in Zeiten des „galoppierenden“ Artensterbens auf unserem Planeten einen nach menschlichen Maßstäben aufgeräumten Garten mit kurzgeschorenen, englischen Rasen überhaupt noch leisten können. Wir meinen: NEIN.
Denn ein Garten ist doch eigentlich viel mehr als nur ein gelegentlicher Aufenthaltsort für Menschen, die sich auf zubetonierten Terrassen und in sterilen Lounges ihre Wohnzimmer nach außen verlegen, um sich zu erholen.
Ein Garten kann viel mehr. Er ist Lebensraum für viele Pflanzen, ein Biotop für Tiere und leider oft genug schon ein letztes Refugium für seltene und bedrohte Arten. Im Frühjahr ist er die Kinderstube für Singvögel, im Sommer eine Bienenweide und im Herbst wird er langsam zum Winterquartier. Alles dies kann aber nur geschehen, wenn wir es zulassen. Was ist zu tun?
Man wird es kaum glauben, aber die Antwort lautet: Am besten erst einmal nichts. Vielmehr ist vieles zu unterlassen: Das regelmäßige Rasenmähen, das Laub entfernen, das Betonieren von Wegen und anderen Flächen, das Schottern und das ständige Sauber machen. Noch schöner: Nichts tun kostet auch nichts. Weder Zeit noch Geld noch Arbeitskraft.
Aber eines müssen wir doch tun. Unsere Einstellung und unsere Sichtweisen ändern. Fangen wir gleich damit an: Unkräuter gibt es nicht. Jede Pflanze hat ihre Berechtigung und ihren beson-deren Stellenwert im Ökosystem. Nur weil wir den aus Unwissenheit oftmals nicht benennen können, ist das Pflänzchen, was zwischen unseren Pflastersteinen hervorlugt, noch lange kein „Unkraut“.
Vielmehr handelt es sich per Definition um spontane „Begleitvegetation“, die nicht gezielt ange-baut wurde und aus dem Samenpotential des Bodens, über Wurzelausläufer oder über Samen-flug zur Entwicklung kam. Also sind Unkräuter nichts anderes als spontan sprießende Wildkräuter, über deren Auftauchen wir uns eigentlich freuen könnten, da wir sie nicht selbst aussäen müssen.
Und da ist es wieder: Es kostet weder Zeit noch Geld noch Arbeitskraft. Ebenso verhält es sich mit den so genannten Schädlingen. Sie erraten es schon: Schädlinge existieren nur aus der men-schlichen Perspektive heraus. Der umgangssprachliche Begriff ist in erster Linie eine Bezeich-nung für Organismen, die den wirtschaftlichen Erfolg des Menschen schmälern. Betroffen sind hier natürlich Kulturpflanzungen, die der menschlichen Ernährung dienen. Aber in Ihrem Garten? Sind denn die Schnecken und Spinnen in Ihrem Umfeld wirklich so existenzbedrohend, dass wieder Gift gesprüht werden muss? Wir glauben: NEIN. Vielmehr sind sie wichtiger Teil einer Nahrungskette, die uns natürlich verborgen bleibt, wenn wir uns nicht damit beschäftigen.
Unser Rat. Lassen Sie ab von Rasenmähern und Mährobotern, gönnen Sie sich und Ihrem Rasen eine Auszeit, schauen Sie dem Gras beim Wachsen zu und genießen Sie die Natur im eigenen Garten. Die Artenvielfalt kommt dann von ganz alleine zurück.
Streusalzverzicht lohnt sich - Schutz von Bach und Fluss
Nun ist es wieder soweit. Der Winter ist da und mit ihm Eis und Schnee. Was die einen freut, stellt andere vor ein Problem. Wie Gehwege und Treppen eisfrei halten, ohne die Umwelt zu gefährden?
Hauseigentümer und Mieter sind im Winter grundsätzlich verpflichtet, Zu- und Gehwege vor der eigenen Haustür schnee- und eisfrei zu halten.
Das nennt man Verkehrssicherungspflicht, die im Mietvertrag genauer geregelt sein kann, aber nicht muss. Mit Streusalz ließe sich das Problem für alle Beteiligte ganz schnell lösen.
Schließlich findet man in Baumärkten und anderen Geschäf-ten genug Angebote, um der weißen Pracht und dem frostigen Eisbelag darunter schnell „Herr zu werden“. Doch halt!
In vielen Städten und Gemeinden ist der private Einsatz von Streusalz schon lange untersagt und oft sogar mit einem Bußgeld
belegt. Zu Recht, wie sich noch zeigen wird. Näheres dazu regeln die kommunalen Satzungen. Eine einheitliche Regelung auf Bundes- oder Länderebene existiert derzeit leider nicht.
Streusalz schadet Pflanzen. Gelangt Schmelzwasser
direkt auf Pflanzen, kommt es zu Kontakt-schäden. Noch größerer Schaden entsteht, wenn sich das Streusalz in den Böden am Straßen-rand über viele Jahre anreichert und die Bodenfauna vernichtet.
Feinwurzeln von Bäumen sterben ab, so dass die lebenswichtige Symbiose mit Pilzen (Mykorrhiza) leidet. Die Aufnahme von Nähr-stoffen und Wasser wird erschwert. Die oft schwerwiegenden Folgen machen
sich bei den betrof-fenen Gehölzen zeitverzögert durch Blattrandnekrosen, vorzeitigem Laubfall und bis hin zum Absterben bemerkbar.
Aus den Augen, aus dem Sinn? Wo landet eigentlich
das ganze Streusalz, wenn Schnee- und Eisschmelze einsetzen und der Regen die braune „Brühe“ in den Gully spült? Auf innerörtlichen Straßen mit Regen- oder Mischwasserkanalisation fließt das mit
Streusalz versetzte Schmelz-wasser in das Kanalsystem. Nachdem es die Kläranlage passiert hat, gelangt es in Bäche und
Flüsse.
Bei einer Überlastung der Mischwasserkanalisation durch starke Regenfälle beispielsweise kann es geschehen, dass das Streusalz auch direkt mit dem Schmutzwasser in unseren Oberflächen-gewässern landet. Auf überregionalen Straßen dringt etwa die Hälfte des Salzes über verspritztes Schneewasser in die Böden am Straßenrand ein. Der Rest kommt mit dem Schmelzwasser in die Straßenentwässerung und wird entweder versickert oder ebenfalls in Oberflächengewässer ein-geleitet. Dies ist immer mit schlimmen Folgen für das Ökosystem, die Fischfauna und Gewässer-organismen wie Krebse, Insektenlarven u.v.m. verbunden.
Außerdem gelangt salzhaltiges Schmelzwasser durch Versickerung in unser Grundwasser.
Da Grundwasser sich aber nur sehr langsam erneuert und unsere wichtigste Trinkwasserquelle darstellt, sollten Beeinträchtigungen soweit wie möglich vermieden werden.
Was ist zu tun? Es kommt auf Ihre Schnelligkeit an.
Je eher Sie mit dem Schneeschippen begin-nen, desto leichter ist es, denn der Schnee ist noch nicht festgetreten oder vereist. Außerdem kann auf Streumittel ganz verzichtet werden. Wenn sich deren
Einsatz aber nicht mehr verhindern lässt, sollte man ausschließlich auf salzfreie, abstumpfende Streumittel wie Sand, Splitt oder Granulat, die im Handel an dem Umweltzeichen Blauer Engel erkennbar sind, zurückgreifen. Diese Streumittel können Sie nach der Schneeschmelze
zusammenfegen und beim nächsten Schneefall wiederverwenden.
Zügiges Schneeschippen hat aber noch andere Vorteile. Die gesetzliche Räumungspflicht, die zumeist eine Räumung bis spätestens 7 Uhr am Werktag vorsieht, ist erfüllt, der Frühsport schnell erledigt und man kann sich einem gemütlichen und auch wohlverdientem Frühstück widmen.
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