Kurzbeiträge zu wichtigen Nachhaltigkeitsthemen unserer Zeit.
Autorin (wenn nicht anders angegeben): Susanne Hufmann (GNA e.V.)
10/2023
Mähroboter versus Artenvielfalt
Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung rät vom
Einsatz im heimischen Garten ab
Bald es wieder soweit und das Gras im Garten beginnt zu sprießen. Dazwischen kleine Blüten von Wildkräutern, Maulwurfshügel und Ameisenhaufen. Was für Wildbienen, Schmetterlings-raupen und naturbegeisterte Gartenbesitzer eine Freude ist, ist für viele andere ein Ärgernis.
Mit dem Resultat: Es muss gemäht werden. Und zwar sofort und immer wieder, um den Rasen dauerhaft kurz und pflegeleicht zu
halten. Anstatt sich an einem bunten Blumenmeer mit all seinen tierischen Bewohnern zu erfreuen, findet der moderne Gartenpfleger Freude an der Ordnung und einem monotonen Dauergrün aus robusten und
schnittfesten Gräsern. Das Nachsehen hat die Natur.
Zwar schneiden autonom arbeitende Mähroboter im Vergleich zu anderen Rasenmähern bezüg-lich der Abgasbelastung, des Stromverbrauchs und der Lärmerzeugung am besten ab, doch sind sie für die Artenvielfalt verheerend. Kleintiere wie Kröten, Eidechsen, Blindschleichen, Molche und Salamander können den oftmals per App gesteuerten Hochleistungsgeräten kaum entkommen. Einsatzzeiten, Schnitthöhen und Startpunkte sind voreingestellt. Ohne Aufsicht und ohne Rück-sicht setzen sie sich in Gang und mähen alles innerhalb eines festgelegten Bewegungsfeldes nieder.
Aus Bequemlichkeit lassen viele Rasenbesitzer den Mähroboter vor allem dann mähen, wenn sie nicht zu Hause sind. Noch beliebter sind die Nachtzeiten, da die strombetriebenen Mähroboter kaum Lärm verursachen. Nicht bedacht wird aber, dass dämmerungs- und nachtaktive Tiere wie Igel genau dann im Garten unterwegs sind, um nach Nahrung zu suchen. Besonders gefährdet: Junge Igel, die, wenn sie angefahren werden, sich einkugeln und dem Gerät hilflos ausgeliefert sind.
Es stellt sich die Frage, ob wir uns in Zeiten des „galoppierenden“ Artensterbens auf unserem Planeten einen nach menschlichen Maßstäben aufgeräumten Garten mit kurzgeschorenen, englischen Rasen überhaupt noch leisten können. Wir meinen: NEIN. Denn ein Garten ist doch eigentlich viel mehr als nur ein gelegentlicher Aufenthaltsort für Menschen, die sich auf zubetonierten Terrassen und in sterilen Lounges ihre Wohnzimmer nach außen verlegen, um sich zu erholen.
Ein Garten kann viel mehr. Er ist Lebensraum für viele Pflanzen, ein Biotop für Tiere und leider oft genug schon ein letztes Refugium für seltene und bedrohte Arten. Im Frühjahr ist er die Kinderstube für Singvögel, im Sommer eine Bienenweide und im Herbst wird er langsam zum Winterquartier. Alles dies kann aber nur geschehen, wenn wir es zulassen. Was ist zu tun?
Man wird es kaum glauben, aber die Antwort lautet: Am besten erst einmal nichts. Vielmehr ist vieles zu unterlassen: Das regelmäßige Rasenmähen, das Laub entfernen, das Betonieren von Wegen und anderen Flächen, das Schottern und das ständige Sauber machen. Noch schöner: Nichts tun kostet auch nichts. Weder Zeit noch Geld noch Arbeitskraft.
Aber eines müssen wir doch tun. Unsere Einstellung und unsere Sichtweisen ändern. Fangen wir gleich damit an: Unkräuter gibt es nicht. Jede Pflanze hat ihre Berechtigung und ihren besonderen Stellenwert im Ökosystem. Nur weil wir den aus Unwissenheit oftmals nicht benennen können, ist das Pflänzchen, was zwischen unseren Pflastersteinen hervorlugt, noch lange kein „Unkraut“.
Vielmehr handelt es sich per Definition um spontane „Begleitvegetation“, die nicht gezielt angebaut wurde und aus dem Samenpotential des Bodens, über Wurzelausläufer oder über Samenflug zur Entwicklung kam. Also sind Unkräuter nichts anderes als spontan sprießende Wildkräuter, über deren Auftauchen wir uns eigentlich freuen könnten, da wir sie nicht selbst aussäen müssen.
Und da ist es wieder: Es kostet weder Zeit noch Geld noch Arbeitskraft. Ebenso verhält es sich mit den so genannten Schädlingen. Sie erraten es schon: Schädlinge existieren nur aus der menschlichen Perspektive heraus. Der umgangssprachliche Begriff ist in erster Linie eine Bezeichnung für Organismen, die den wirtschaftlichen Erfolg des Menschen schmälern. Betroffen sind hier natürlich Kulturpflanzungen, die der menschlichen Ernährung dienen. Aber in Ihrem Garten? Sind denn die Schnecken und Spinnen in Ihrem Umfeld wirklich so existenzbedrohend, dass wieder Gift gesprüht werden muss? Wir glauben: NEIN. Vielmehr sind sie wichtiger Teil einer Nahrungskette, die uns natürlich verborgen bleibt, wenn wir uns nicht damit beschäftigen.
Unser Rat. Lassen Sie ab von Rasenmähern und Mährobotern, gönnen Sie sich und Ihrem Rasen eine Auszeit, schauen Sie dem Gras beim Wachsen zu und genießen Sie die Natur im eigenen Garten. Die Artenvielfalt kommt dann von ganz alleine zurück.
9/2023
Willkommen im Kiebitzland
Es ist es wieder soweit: Der Vogelzug beginnt. Abertausende Zugvögel ziehen von ihren Winterquartieren in die nördlichen Brutgebiete und überfliegen dabei auch den Main-Kinzig-Kreis. Sie legen Strecken von einigen tausend Kilometern zurück. Es versteht sich von selbst, dass unsere gefiederten Freunde gelegentlich Pausen einlegen müssen, um zu ruhen und um ihre Energiereserven aufzuladen. Die meisten ziehen weiter, andere bleiben, um zu brüten.
So auch der Kiebitz, wissenschaftlich Vanellus vanellus genannt. Seine bevorzugten Lebensräume sind das Flos in Langenselbold und das Hasselrother Feuchtgebiet Herrenbruch. Auf den weiten, offenen und baumarmen Wiesen und Überschwemmungsflächen finden wiesenbrütende Vogelarten wie er - nach vielen Renaturierungen - endlich wieder genug Nahrung und die besten Voraussetzungen, ihre Jungen großzuziehen. Einzige Bedingung: Keine Störungen, weder von Menschen noch von Hunden.
Während im Februar die Auen an der Kinzig durchziehenden Vogelschwärmen als Rastplatz dienen, herrscht hier von März bis Ende Juni Brutsaison. Bekassine, Kiebitz und andere Wiesen-brüter legen ihre Nester auf Wiesen und Ackerflächen an. Sitzen sie auf ihren Gelegen, sind die Vögel besonders sensibel. Werden sie gestört, fliegen sie auf und verlassen den Brutplatz. Bei zu langer Abwesenheit kühlen die Eier aus. Wiederholte Störungen veranlassen die Vögel, ihre Nester ganz zu verlassen. Die Brut ist verloren.
Typisch Kiebitz. Ein Kiebitz ist etwa taubengroß, hat eine Flügelspannweite bis 75 cm und trägt eine lange Federholle auf dem Kopf. Der schwarz-weiß gefärbte Vogel kann bis zu 25 Jahre alt werden. Sein charakteristischer Ruf „Kie - wit, kie – wit!" ist auf dem Durchzug oft zu hören, aber viel seltener in der Brutzeit. Nur wenige überwintern bei uns. Im besten Fall treffen sie im zeitigen Frühjahr in den Brutgebieten an der Kinzig ein, um im Spätherbst aufzubrechen und weiterzuziehen.
Zur Brutzeit führen die Männchen spektakuläre Balzflüge aus und markieren ihr Territorium. Steile Aufstiege werden mit Sturzflügen und wildem Torkeln kombiniert. Das Nest liegt auf dem blanken Boden. In einer Mulde findet man maximal vier Eier, die 26 bis 29 Tage bebrütet werden, wobei sich Männchen und Weibchen abwechseln. Die Küken sind Nestflüchter, die sich sofort nach dem Schlupf auf die Nahrungssuche machen. Auf ihrem Speisezettel stehen kleine Bodentiere, Insekten und deren Larven, Regenwürmer, Samen und Früchte der Wiesenpflanzen. Etwa fünf Wochen werden sie von ihren Eltern beaufsichtigt; dann sind sie flügge.
Kiebitz und Bekassine haben es nicht leicht. Die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen, sei es im Überwinterungsgebiet, im Sommerquartier oder auf der Rast, schreitet voran. Zwar sind sie als Zugvögel „immer auf Achse“; zum Überleben, zur Aufzucht ihrer Jungen und zur Nahrungsauf-nahme sind sie auf Lebensräume am Boden und in und am Wasser angewiesen. Hier stehen sie in direkter Konkurrenz zum Menschen. Naturschutzorganisationen wie die Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung kümmern sich um den Erhalt der großflächigen Feucht- und Auenwiesen, eine extensive Grünlandbewirtschaftung und um den Schutz ihrer Brutplätze und Rastflächen.
„Mehr Artenvielfalt“ ist ein wichtiges Ziel der Naturschützer. Dazu optimieren sie Nahrungs-biotope und Flutmulden und legen zusätzliche Tümpel und Wasserflächen in der Aue an. Gehölzriegel werden entfernt, Gräben aufgeweitet und in Feuchtgebiete verwandelt. Der Erfolg kann sich sehen lassen: Nach Abschluss der Maßnahmen brüten wieder Kiebitzpaare im Flos
und Herrenbruch.
Der Mensch ist ein gern gesehener Gast in den Kinzigauen, wenn er sich an einige wichtige Regeln hält. Dazu gehört, dass bestehende Wege auf gar keinen Fall verlassen werden sollen. Die Wiesen sind grundsätzlich tabu.
Mit dem Hund unterwegs. Das Feuchtgrünland ist nicht nur wertvoller Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen, sondern wird in erster Linie landwirtschaftlich genutzt. Wenn man mit dem Hund unterwegs ist, sollte man Verantwortung übernehmen, den Hund anleinen und den Kot aufsam-meln. Denn auf den Wiesen wächst das, was letztlich auf unseren Tellern landet. Landwirte produzieren im Grünland Futter für ihre Rinder, Schafe, Pferde und Ziegen. Die Verunreinigung mit Hundekot stellt eine große Gesundheitsgefahr dar. Vor allem bei Rindern kann es zu Fehl- und Totgeburten kommen.
Die GNA rät deshalb: „Bitte leinen Sie Ihren Hund an, denn Wildtiere benötigen Ruhe! Bleiben Sie auf den Wegen und gehen Sie nicht über die Wiesen! Stören Sie auf keinen Fall Rast und Brut der Wildvögel! Dann sind auch Sie herzlich willkommen im Kiebitzland an der Kinzig.“
8/2022
Wie nachhaltig sind E-Autos?
Gedanken zur E-Mobilität
„Elektromobilität ist eine Schlüsseltechnologie für die Gestaltung eines innovativen, nachhaltigen Verkehrssystems und zur Erreichung der Klimaschutzziele im Verkehrssektor.“, so das Bundes-ministerium für Digitales und Verkehr. Demnach waren im Juli 2021 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen unterwegs. Bis zum Jahr 2030 sollen es 15 Millionen werden, so das erklärte Ziel der Bundesregierung.
Der Markt für Elektrofahrzeuge aller Art boomt: Immer mehr Elektroautos im Straßenverkehr, E-Bikes auf den Radwegen, E-Roller auf den Fußwegen, kommunale E-Lastenräder zur Ausleihe und vieles mehr. Einige große Vorteile bringt der Trend zur Elektromobilität für unsere Innenstädte sicher mit sich: Es wird endlich leiser. Auch die Luftschadstoffwerte an dicht befahrenen Knoten-punkten könnten sinken. Alles in allem wichtige Aspekte, die die Lebensqualität und Gesundheit vor Ort betreffen und die sich positiv auf das Klima auswirken könnten.
Natürlich sind Elektroautos ein erster wichtiger Schritt, damit der Verkehrssektor seine Klimaziele schafft. Doch sind die Fahrzeuge mit der Energie aus der Steckdose wirklich sauberer als klassische Verbrennermotoren? Wie ist es um die Ökobilanz tatsächlich bestellt?
Abschließend lässt sich diese brisante Frage nicht klären. Recherchiert man dazu, stößt man auf eine sehr heterogene Studienlage mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen, die je nach Auftrag-geber variieren. Die Fakten sind zudem oft enttäuschend.
Verlassen wir uns besser auf den gesunden Menschverstand. Tatsächlich relevant für eine möglichst unvoreingenommene Beurteilung sind doch folgende Fragen: Wie umweltschädlich ist die Herstellung der wieder aufladbaren Lithium-Ionen-Batterien, welcher Energiemix im Stromnetz liegt zugrunde und wie viele Kilometer werden zurückgelegt?
Versorgten Lithium-Ionen-Batterien in der Hauptsache bisher tragbare Geräte mit einem hohen Energiebedarf wie Mobiltelefone oder Tablets, sind sie mittlerweile fast überall anzutreffen. Aufgrund ihrer hohen Leistungsfähigkeit sind sie als Energiespeicher für E-Autos und Hybridfahrzeuge unverzichtbar.
Der weltweite Bedarf an Lithium ist heute schon immens, wird sich in den nächsten Jahrzehnten noch weiter rasant erhöhen. Die viel beschworene Energiewende zeigt bei der Rohstoffbe-schaffung leider eine ihrer problematischsten Kehrseiten: In Bolivien, Chile und Argentinien lagern rund 70 Prozent der weltweiten Lithium-Vorkommen. Doch der industrielle Abbau vernichtet die Lebensgrundlagen vieler Menschen, darunter die der indigenen Bevölkerung. Die Zerstörung der Natur durch Grundwasserabsenkungen, die Kontamination der Umwelt mit Schadstoffen und die Verunreinigung des Trinkwassers gehen wie immer Hand in Hand.
Die Aussage, dass Elektroautos so gut wie keine Emissionen erzeugen, stimmt nicht.
Die klimaschädlichen Emissionen entstehen natürlich nicht am Fahrzeug selbst, sondern an
ganz anderer Stelle. Wird der benötigte Strom in Kohle- oder Atomkraftwerken erzeugt, ist die Produktion weder emissionsfrei noch umweltfreundlich. Legt man den derzeitigen deutschen Strommix
zugrunde, der sich aktuell immer noch zu 54 % aus konventionellen Energieträgern wie Braunkohle, Steinkohle, Erdgas und Kernenergie speist, sieht es für die Ökobilanz gar nicht mehr so gut aus.
Lediglich E-Fahrzeuge, die ihren Strombedarf vollständig über regenerative Energien decken, leisten wirklich einen Beitrag zum Schutz der Umwelt und des Klimas.
Vergleicht man außerdem die Jahreskilometerleistung herkömmlicher Fahrzeuge mit der von E-Autos und Hybridfahrzeugen, zeigt sich eine weitere bedenkliche Tendenz, die das Kraftfahrt-Bundesamt feststellte: Im Vergleich zu 2019 stieg die Jahresfahrleistung aller erfassten E-Pkw um insgesamt 35,1 Prozent, während die Jahreskilometer von Dieseln und Benzinern leicht sank. Anscheinend verführt die vermeintlich umweltfreundlichere Antriebsart dazu, das Auto sogar mehr zu nutzen.
Was in der aktuellen Diskussion daher zu wenig Beachtung findet, ist, dass auch der Abrieb von Reifen und Bremsen eine große Gefahr für Gesundheit und Umwelt darstellt. Laut Schätzungen ist der dabei entstehende Feinstaub für mehrere Millionen Todesfälle im Jahr verantwortlich. Ein Großteil des innerstädtisch messbaren Feinstaubs geht auf Abriebpartikel von Reifen, Brems-scheiben und Bremsbeläge zurück, die mit dem Straßenstaub aufgewirbelt werden.
Fassen wir zusammen: E-Autos verursachen beim Fahren zwar keine Emissionen, ihre Herstel-lung und Produktion sind aber alles andere als optimal und weder umwelt- noch klimafreundlich, insbesondere dann, wenn es um den Einsatz von Energie und Rohstoffen für die Akkus geht. In Bezug auf die Feinstaubbelastung in unseren Städten ändert der Umstieg auf das Elektroauto dagegen noch zu wenig.
7/2022
Lebensmittelverschwendung – NEIN DANKE!
Es ist kaum zu glauben, aber in Deutschland werden tatsächlich immer noch 78 Kilogramm Lebensmittel pro Kopf und Jahr weggeworfen. Neben ungenießbarer Nahrung landen dabei auch essbare Lebensmittel im Müll. Das Statistische Bundesamt* errechnete aktuell, dass etwa 11 Millionen Tonnen Lebensmittel nur „für die Tonne“ produziert werden.
Wie kann das sein? Und können wir uns das überhaupt noch leisten?
Experten ermittelten, dass 2 Prozent der Lebensmittel bereits bei ihrer Erzeugung verloren gehen; 15 Prozent bei der Verarbeitung. Mit 17 Prozent oder 1,9 Millionen Tonnen kommt die Außer-Haus-Verpflegung ins Spiel. Nur 7 Prozent entsorgt der Handel. Den größten Anteil (59 Prozent) an der Verschwendung haben aber die Privathaushalte und so landen 6,5 Millionen Tonnen jedes Jahr im Abfall. Zumindest das wäre vermeidbar, haben wir es doch selbst in der Hand, wie wir mit unseren Lebensmitteln umgehen.
Es ist so, als würde man einen Teil seines Wocheneinkaufes direkt in den Abfalleimer verfrachten, anstatt ihn zu verarbeiten. Auf diese Idee käme erst einmal niemand, haben die Einkäufe doch Geld und ihre Besorgung viel Zeit gekostet. Vor allem haben sie aber viele Ressourcen und noch mehr Energie verbraucht, bevor sie in unserer Küche landen. Gemeint ist der Flächen- und Bodenverbrauch beim Anbau, bei der Bearbeitung und Düngung. Dabei entsteht sehr viel CO2. Ebenso beim Transport in die Supermärkte, bei der Weiterverarbeitung und Verpackung und nicht zuletzt in der eigenen Küche.
Die Welthungerhilfe dokumentierte unlängst, was wir wegwerfen. Gemüse wird in Deutschland am häufigsten entsorgt, gefolgt von bereits zubereitetem Essen und Backwaren. Als Hauptursache wurde der Überfluss enttarnt, an den wir uns seit langem gewöhnt haben und der zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist. So werden Produkte nicht richtig gelagert, verschwinden in den Untiefen unserer Kühlschränke oder werden als Reste verschmäht, da man ja jederzeit alles frisch nachkaufen kann.
Mindestens haltbar bis – danach immer noch essbar
Das vom Gesetzgeber vorgeschriebene Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) trägt ebenfalls einen großen Anteil an dem Problem, suggeriert es doch, dass Produkte nach Überschreiten eines vom Hersteller vorzugebenden Termins nicht mehr genießbar seien. Ein verhängnisvoller Irrtum, wie sich im Folgenden zeigt.
Denn das MHD ist kein Wegwerfdatum. Es gibt lediglich den Zeitpunkt an, bis zu dem ein Lebensmittel unter entsprechenden Aufbewahrungsbedingungen seine spezifischen Eigen-schaften wie Geschmack, Farbe und Konsistenz behält. Lebensmittel dürfen auch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums sogar weiter verkauft werden. Denn bei verschlossener Verpackung und richtiger Lagerung sind sie auch dann häufig noch bedenkenlos genießbar. Sollten doch einmal Zweifel entstehen, helfen uns unsere Sinnesorgane, allen voran die Nase. Achtung: Nicht zu verwechseln ist das MHD mit dem Verbrauchsdatum, das den letzten Tag angibt, an dem ein Lebensmittel verkauft und verzehrt werden darf. Das betrifft in erster Linie sensible Produkte wie rohes Hackfleisch oder frischen Fisch.
Es gibt viele Lebensmittel, die zwar ein MHD aufweisen, die aber gar keines benötigen, da die Produkte bei richtiger Lagerung so gut wie nie schlecht werden. Dazu zählen Nudeln aus Hartweizengrieß, weißer Reis, Grieß, Stärke, Haferflocken, Honig, Salz, Zucker, Essig, getrocknete Hülsenfrüchte wie Linsen oder Bohnen, Tee und vieles mehr. Ausführlichere Informationen dazu geben die Verbraucherzentralen und andere.
Mit Tipps gegen die Verschwendung
Es gibt viele Möglichkeiten, mit Nahrungsmitteln sorgfältiger und verantwortungsvoller umzugehen. Ein großes Vorbild sind die TAFELN, die heute vielfältige gesellschaftliche Aufgaben übernehmen, aber zu ihrer Anfangszeit gegründet wurden, um Lebensmittel zu retten. In einigen Bundesländern existieren bereits FOODSHARING Projekte. Hier tauschen Menschen kostenfrei Lebensmittel miteinander. Oder Sie nutzen die mobile App „Too Good To Go", mit der Essen bei Gastronomiebetrieben zu einem günstigeren Preis bestellt werden kann, das ansonsten weggeschmissen würde.
In der eigenen Küche hilft es vor allem, die Einkäufe im Voraus zu planen. Um nicht zu viel zu besorgen, lohnt ein Blick in den Vorrats- oder Kühlschrank und das Erstellen einer Einkaufsliste. XXL Packungen bleiben im Supermarkt, saisonale und regionale Einkäufe verbessern die eigene Ökobilanz.
Auch auf dem Weg nach Hause kann man schon vorsorgen: Bei Milchprodukten und bei Fleisch sollte die Kühlkette möglichst gar nicht oder nur ganz kurz unterbrochen werden. Dafür gibt es entsprechende Kühltaschen, die immer wiederverwendet werden können. Nach dem Einkauf kommt es, um unnötige Verluste zu vermeiden, auf das richtige Lagern an. Ob im Keller, im Kühlschrank oder bei Zimmertemperatur verraten zahlreiche Webseiten im Internet.
Obst und Gemüse mit kleinen Schäden oder leichten Druckstellen kann bedenkenlos verzehrt werde. Die unschönen Stellen sind ganz einfach vor dem Essen wegzuschneiden. Zuviel Brot kann sehr gut eingefroren werden. Das gilt auch – bis auf wenige Ausnahmen - für alle Reste schon gekochter Speisen. Nur Lebensmittel, die bereits Schimmel angesetzt haben, sollten der Gesundheit zuliebe wirklich im Abfalleimer landen.
* Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
6/2022
Burgenbaumeister im Anmarsch
Portrait eines sympathischen Zeitgenossens
Der Biber war seit dem 19. Jahrhundert in Hessen ausgerottet, bis er 1987/88 im hessischen Spessart wiederangesiedelt wurde. An Sinn und
Jossa setzte man 18 „Elbebiber“ aus. Die Ansiedelung glückte sofort. Der Main-Kinzig-Kreis war lange Zeit
das Hauptausbreitungsgebiet für Hessen und Bayern.
Die Auen sind der natürliche Lebensraum der sympathischen Nager. Wo Biber als Landschaftsge-stalter tätig sind, entstehen ganz neue Feuchtgebiete, die vielen seltenen und bedrohten Tieren und Pflanzen zugutekommen. Ihre Anzahl steigt beträchtlich. Das ist ein großer Gewinn für die Biodiversität!
Die Spuren der Biber in der Landschaft sind nicht zu übersehen. Aus Ästen und Zweigen bis zu einem Meter bauen sie Dämme, die sie mit Schlamm und Pflanzenteilen abdichten. Sie stauen kleine Bäche auf, bis ihr „Bibersee“ eine Wassertiefe von 80 cm erreicht. Erst später beginnt der Burgenbau. Der Eingang liegt unter Wasser, um bei Gefahr schnell abtauchen zu können. Da das Gewässer nicht bis zum Grund zufriert, erreichen Biber auch im Winter ihre Nahrungsvorräte. In der Zeit, in der die Natur nichts Frisches zu bieten hat, sind Biber auf Rinden angewiesen. So fällen sie vor allem in der kalten Jahreszeit Bäume - am Gewässer meist Weiden - um nicht zu verhungern.
Eine Biberburg ist ein gemütliches Zuhause für die ganze Familie, schützt vor Feinden und wird ständig ausgebessert. Damit es innen warm und trocken bleibt, verarbeiten die tierischen Bau-meister Schlamm vom Gewässergrund. Die Wohnkammer liegt über der Wasseroberfläche auf einem Haufen aus Stöcken, Ästen und Zweigen. Sie wird erst betreten, wenn das Fell auf einem Absatz getrocknet ist. Ordnung muss sein!
Typisch Biber
Sein wissenschaftlicher Name lautet Castor fiber, er ist der größte heimische Nager, ein Säugetier mit einer Körperlänge von 80 bis 130 cm, einem Gewicht von 20 bis 30 kg und kann bis zu 20 Jahre alt werden. Die Geschlechter unterscheiden sich äußerlich kaum. Das Fell des Bibers ist mit 25.000 Haaren/cm² besonders dicht. Der breite, abgeplattete Schwanz wird Kelle genannt, ist mit einer lederartigen Haut bedeckt und unbehaart. Die Vorderpfoten sind klein, die Hinterfüße, die als Paddel dienen, recht groß und mit Schwimmhäuten ausgestattet. Seine großen Schneide-zähne sind sehr scharf und Achtung, jetzt wird es interessant: dauerhaft nachwachsend!
Die Nahrung des Bibers ist ausschließlich vegetarisch. So verspeist er am liebsten frische Triebe, Knospen, Blätter, Gräser, Kräuter, Feldfrüchte (u.a. Mais) und im Winter notgedrungen auch Baumrinde. Sein bevorzugter Lebensraum sind fließende und stehende Gewässer sowie Ufer mit dichter Kraut- und Weichholzvegetation.
Zur Lebensweise lässt sich sagen, dass Biber keinen Winterschlaf halten, dämmerungs- und nachtaktiv sind, außerdem monogam und im Familienverband leben. Die Elterntiere leben immer mit den letzten beiden Jungtiergenerationen in einem Revier, das mit dem so genannten „Bibergeil“, einem körpereigenen Sekret, markiert wird.
Die Berufe des Bibers sind recht ausgefallen. Alle sind gleichzeitig Holzfäller und Wasserbau-ingenieure. So bauen sie Burgen und Dämme, stauen Gewässer auf und gestalten als einziges Tier aktiv ihre Umgebung, so wie sie ihnen gefällt.
Früher intensiv bejagt, um Pelze zu gewinnen oder um als Fastenspeise zu dienen, oder durch Flussbegradigungen und Entwässerung der Auen zurückgedrängt: Jahrhundertelang wurden Biber durch uns Menschen an den Rand der Ausrottung gebracht. Heute ist es der Verlust der Auen durch unseren Siedlungsdruck, durch immer mehr Neubau- und Gewerbegebiete „in Flussnähe“, der dem Biber zunehmend zu schaffen macht. Hinzu kommen die intensive Land-wirtschaft und eine „tödliche Zerschneidung der Reviere“ durch Straßen, die zu Verkehrsunfällen führt. Aber auch Tötungen, die illegale Zerstörung von Dämmen und Burgen oder das Ertrinken in Fischreusen sind wieder Thema.
Schutz eines Landschaftsgestalters
Zwar sind Biber nach der europäischen FFH-Richtlinie und dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Doch durch den Ausbau der Gewässer und eine intensive Landnutzung fehlt es oft an geeigneten Lebensräumen. Konflikte sind so vorprogrammiert. Daher ist der Schutz von Auen, Flüssen und Bächen besonders wichtig. Durch ihre Bautätigkeit schaffen Biber Kleingewässer, Totholz und Feuchtwiesen. So entstehen neue Biotope für Fische und Vögel, Libellen, Amphibien und Reptilien.
Da wo viel Geld und Energie für Renaturierungen und den Erhalt der Biodiversität aufgewendet werden müsste, hilft uns der Biber zum Nulltarif. Wir sollten ihm dafür dankbar sein, anstatt ihn weiterhin als Störenfried wahrzunehmen. Denn eins sollten wir uns immer vor Augen halten: Die Biber sind die Ureinwohner der Auen, nicht wir!
5/2022
Ozon – ein vergessenes Sommerproblem
Ozon (O3) ist ein natürlicher Bestandteil der Atmosphäre. Während das Ozon in Höhen von 10 bis 50 km zu schwinden drohte, kommt es während des Sommers lokal zu bedenklichen Konzen-trationen in Bodennähe. Wie ist das möglich?
Die Zerstörung der Ozonschicht wurde in den letzten Jahrzehnten unter dem Schlagwort Ozonloch bekannt. Seit 1980 beobachtete man alljährlich zu Beginn des arktischen Frühlings über dem Südpol innerhalb kürzester Zeit das Absinken der Ozongehaltes auf etwa die Hälfte der üblichen Werte. Verantwortlich für den menschengemachten Ozonschwund sind chemische Verbindungen wie FCKW (Fluorchlorkohlenwasserstoffe), die als Treibgase in Spraydosen, zum Aufschäumen von Kunststoffen, als Lösemittel oder als Kältemittel in Kühlgeräten und Klimaanlagen Verwendung fanden.
Die langlebigen FCKW „wandern“ in die schützende Luftschicht und zerstören dort Ozonmoleküle. Deren Konzentration sinkt und die Schichtdicke nimmt ab. Mit drastischen Folgen für das Leben auf der Erdoberfläche, denn die ultraviolette Strahlung nimmt zu. Zu starke UV-Strahlung aber schädigt Haut, Augen, das Erbgut und schwächt das Immunsystem. Der größte Strahlungsanstieg erfolgt im Frühjahr, also gerade dann, wenn Menschen und Pflanzen noch „sonnenungewohnt“ und besonders UV-empfindlich sind. In dieser Zeit ist auf einen besonderen Schutz zu achten. Wissenschaftlichen Prognosen zufolge wird sich die UV-Strahlung noch bis 2060 auf dem hohen Niveau halten, bis internationale Bemühungen zum Schutz der Ozonschicht endlich greifen.
Hoch oben zu wenig – ganz unten zu viel
Ozon ist - in sehr geringer Konzentration - ein natürlicher Bestandteil unserer Atemluft. Gefährlich wird es erst, wenn menschengemachtes Ozon dazu kommt. Hauptverursacher ist neben Kraftwerken der Straßenverkehr. Denn er liefert die für die Ozonbildung notwendigen Vorläufersubstanzen wie Stickoxide. Flüchtige Kohlenwasserstoffe aus Lösungsmitteln, Farben oder Lacken sind eine weitere, ernst zu nehmende Quellen.
Eine anhaltend sommerliche Schönwetterlage wie zurzeit befeuert die Ozonentstehung. Neben der Hitzebelastung kommt es zu weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen, denn Ozon ist ein aggressives Reizgas.
So leiden gerade an Sommertagen viele Menschen an Husten, Atemwegsbeschwerden und Kopfschmerzen. Auch die Augen sind betroffen. Die Reizungen treten meist unabhängig davon auf, ob man sich körperlich betätigt oder nicht. Vielmehr bestimmt allein die Aufenthaltsdauer in ozonbelasteter Luft das Ausmaß der Beeinträchtigung bis hin zu einer verminderten Lungenfunktion oder entzündlichen Reaktionen der Atemwege.
Das sollte man wissen
Ozon hat einen ausgeprägten Tagesverlauf. Morgens sind die Werte am niedrigsten, die höchsten Konzentrationen herrschen am Nachmittag zwischen 14 und 17 Uhr. Abends und in der Nacht nehmen die Werte – zumindest in städtischen Gebieten - allmählich ab. In Reinluftgebieten wie auf dem Land ist die Nachtabsenkung weniger ausgeprägt. Auch wenn die Spitzenwerte der 1990er Jahre nicht mehr erreicht werden, ist ein Anstieg in den mittleren Konzentrationsbereichen festzustellen, die sowohl den EU-Zielwert als auch die Empfehlung der WHO überschreiten. Hinzu kommt der Klimawandel mit langen Hitzeperioden.
Das sollte man tun
Um die Vorläufersubstanzen von Ozon einzudämmen, empfiehlt es sich, das benzin- oder dieselbetriebene Auto stehen zu lassen und auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Auch die Bildung von Fahrgemeinschaften ist ein Beitrag. Kurze Wege sollten auf keinen Fall mit dem Auto zurückgelegt werden. Lieber mal mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sein. Außerdem sollten möglichst nur wasserlösliche Farben und Lacke zur Anwendung kommen.
Energie sparen ist das Gebot der Stunde
Jeder nicht verbrannte Liter Benzin, jeder nicht verbrannte Liter Heizöl, jeder nicht verbrannte Kubikmeter Gas vermindert die Emissionen. Aber das wissen Sie ja schon …
Wissenswert
Ozon (O3) ist eine sehr reaktionsfreudige, gasförmige Verbindung und ein starkes Oxidations-mittel. Im Gegensatz zum zweiatomigen Luftsauerstoff (O2) besteht es aus drei Sauerstoffatomen und hat die Tendenz, das „überzählige“ Sauerstoffatom schnell abzugeben.
Die Ozonschicht ist überlebenswichtig, denn sie hält den größten Teil der biologisch schädlichen UV-Strahlung der Sonne zurück und fungiert als Schutzschirm. Etwa 90 % des natürlichen Ozongehalts der Erdatmosphäre befinden sich in der Stratosphäre.
Intensive Sonneneinstrahlung ist der „Motor“ der Ozonbildung am Boden. Hohe Konzentrationen treten dann auf, wenn die Sonne bei ruhigen, austauscharmen Wetterlagen praktisch ungehindert auf die Erde strahlt. Hohe Ozonwerte treten nicht im Winter auf. Daher spricht man von „Sommersmog“.
4/2022
Auch Vögel und Insekten haben Durst
Der Sommer ist da und mit ihm wochenlange Hitzeperioden und Trockenheit. Während sich die einen auf ihren wohlverdienten Urlaub in weiter Ferne freuen, sorgen sich die anderen um die Natur und Umwelt in der Heimat.
Das Problem: Auch in den kommenden Wochen wird es nicht nennenswert regnen. Die Tem-peraturen steigen weiter, aber die Landschaft ist jetzt schon ausgetrocknet. Die Tierwelt ächzt unter ausgetrockneten Tümpeln, verlandeten Flutmulden und einem Wassermangel, der nicht nur uns Menschen zu schaffen macht.
Um die Hitze abzumildern, verfolgen Vögel recht unterschiedliche Strategien: Man kennt bei Amseln und Rabenvögeln das Kehlsackhecheln. Sie sitzen mit weit geöffnetem Schnabel da und atmen schnell ein und aus, um über die Lunge Wärme abzugeben. Wer sich in diesen Tagen schon einmal über die Beine eines Weißstorches gewundert hat, die jetzt wie weiß bemalt wirken, ist einer weiteren Strategie gegen die Hitze auf der Spur: Der Storch bespritzt seine Beine mit flüssigem Kot, um Wärme abführen zu können.
All das hilft aber nur, wenn die Tiere auch Zugang zu Schatten und sauberem Wasser haben. So genannte Schottergärten sind jetzt Todesfallen. Durch die Sonneneinstrahlung heizen sich Beton und Steine extrem auf. Manch ein begeisterter Schottergärtner wird seine Entscheidung in diesen Tagen schon bitter bereut haben, denn ein Aufenthalt im „pflegeleichten Areal“ rund ums Haus ist schier unmöglich und die Klimaanlage läuft auf Hochtouren, um das Haus überhaupt bewohnbar zu machen. Das ist nicht nur schlecht für das eigene Portemonnaie und schlecht für die Öko-bilanz, sondern ganz schlecht für das Klima. Außerdem belastet die zusätzliche Hitzestrahlung Nachbargrundstücke und wirkt sich negativ das gesamte Mikroklima in der Straße aus.
Bäume, Sträucher und Hecken kühlen ihre Umgebung dagegen um etwa 2 bis 3 Grad ab und bieten Mensch und Tier Schattenplätze, die jetzt vermehrt auch von Vögeln aufgesucht werden. Das hilft alles aber nichts, wenn nicht auch sauberes Wasser zur Verfügung steht. An dieser Stelle können wir eingreifen und mit Vogeltränken oder Flachwasserbereichen im Gartenteich Abhilfe schaffen. Letztere eignen sich zudem hervorragend für ein kühlendes Vogelbad.
Vogeltränken sollten regelmäßig gereinigt werden, um Keimanreicherungen zu vermeiden, die die Vogelschar krank machen könnte. Dabei ist auf chemische Desinfektionsmittel zu verzichten. Eine Bürste und sauberes Wasser reichen völlig. Wenn die flache Tränke nun noch an einem „katzensicheren“ Ort platziert oder aufgehängt wird, hat man in diesen Tagen schon viel getan.
Auch auf Friedhöfen und in öffentlichen Parkanlagen sind jetzt vermehrt Vogeltränken aufgestellt. Oft fehlt den Kommunen aber das Personal, um die Tränken regelmäßig mit Wasser zu versorgen. Hier sind wir wieder gefragt: Einfach mal nachschauen, wenn nötig säubern und wieder auffüllen. So einfach kann Naturschutz sein.
Insektentränke selbstgemacht
Für Käfer, Hummeln, Wespen und Bienen eignen sich Blumentopfuntersetzer oder ausrangierte Teller, die, mit Steinen und Moosen als kleine „Sitzwarten“ ausgestattet, sehr schnell von der Insektenwelt angenommen werden. Dass das „kinderleicht“ leicht ist, stellte vor kurzem die Naturschutzjugend der GNA unter Beweis. Nun zieren etliche Insektentränken den Natur- und Lehrgarten im Alten Pfarrgehöft und auch den ein oder anderen elterlichen Balkon in Rodenbach.
3/2022
Was ist ein Baum?
Ein Baum ist ein sehr großes Holzgewächs mit einem ausgeprägten einzelnen Stamm, mit einem weit verzweigten Astwerk, einer dicht belaubten Krone und starken Wurzeln. Man unterscheidet Nadelbäume und Laubbäume. Nadelblätter verbleiben mehrjährig am Baum während Laubblätter am Ende einer Vegetationsperiode abgeworfen werden.
Diese nüchterne Betrachtung wird den eindrucksvollen Geschöpfen nicht wirklich gerecht. Man könnte einen Baum auch so beschreiben: Ein Baum ist ein lebendes Wesen, durch und durch eine Persönlichkeit – von seinen Wurzeln bis zum Wipfel – geprägt durch seine Umwelt, seine Erfahrungen und seine individuelle Geschichte. Bäume überraschen uns durch eine Vielzahl besonderer Merkmale und außergewöhnlicher Eigenschaften, wie zum Beispiel durch ihre Größe und Langlebigkeit.
So hören Bäume niemals auf zu wachsen. Jedes Jahr verlängert sich der Stamm und die Äste wachsen mit dem Austreiben neuer Endknospen. Außerdem nehmen sie stetig an Umfang zu. Manche Baumarten sind über 100 Meter hoch und können mehrere 100 Jahre, an bestimmten Standorten sogar mehrere 1000 Jahre alt werden.
Durch unterschiedliche Erscheinungsbilder während der Jahreszeiten führen uns die Bäume in unseren Breiten den Ablauf des Lebens vor Augen. Sie sind es, die uns zu allen Zeiten unser irdisches Werden, unser Dasein und unser Vergehen erkennen lassen. In früheren Zeiten glaubte man sogar, dass große Solitärbäume von Göttern bewohnt werden und verehrte sie.
Es ist noch gar nicht lange her, da waren Bäume die ständigen Begleiter im Leben eines Men-schen. Zur Hochzeit pflanzte man einen Baum, ebenso zur Geburt eines Kindes. Hausbäume zierten fast jedes Anwesen. In vielen Gärten gab es Obstbäume, die als wichtige Obstlieferanten geschätzt wurden. Wir kennen den Maibaum, den Kirmesbaum und auch den Weihnachtsbaum. Und auch heute noch zeigt ein Bäumchen bei jedem Richtfest die Fertigstellung des Dachstuhls an.
Trotz all der Wertschätzung werden Bäume in Gärten und im öffentlichen Raum zunehmend als Ärgernis wahrgenommen. Gründe sind der Schattenwurf und herabfallendes Laub. Aussagen wie „Sie sind zu groß.“ oder „Sie machen Dreck.“ sind zu hören. Die Folge ist: „Sie müssen weg.“.
Dabei wird oft nicht bedacht, dass Bäume das Mikroklima günstig beeinflussen, das Wasser im Boden speichern und vor der Sonne schützen. Außerdem stehen sie als Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen unter Schutz.
Nicht umsonst haben viele Kommunen Baumschutzverordnungen erlassen, die es verbieten, Bäume und Sträucher ab einer bestimmten Größe oder einem bestimmten Alter zurückzu-schneiden oder zu fällen. In der Regel gilt dies ab einem Stammumfang von 80 cm, gemessen in einem Meter Höhe. Ausnahmegenehmigungen werden nur sehr selten und bei kranken Gehölzen, die umzufallen drohen, erteilt.
Bevor man also zur Axt oder Kettensäge greift, sollte man sich nicht nur - um sich nicht strafbar zu machen – bei der Kommune nach der aktuellen Rechtslage erkundigen, sondern vor allem darüber nachdenken, ob das Entfernen des Baumes wirklich nötig ist. Anstatt einen Baum ganz zu fällen, reicht es in manchen Fällen schon aus, einen professionellen Landschaftsgärtner oder Baumpfleger zu engagieren, der kranke oder morsche Äste entfernt und die Krone fachgerecht auslichtet. Dadurch wirft der Baum nicht mehr so viel Schatten und wird wieder standfester.
2/2022
Steine blühen nicht
Die neue Lust am Gärtnern ist da. Schrebergärten erleben einen Ansturm wie noch nie, Zeitschriften über die Idylle des Landlebens boomen und zahllose Gartenbücher erscheinen jedes Jahr rechtzeitig zum Saisonbeginn in den Auslagen der Buchläden. Eine mögliche Erklärung: Das „Buddeln“ in der Erde, der Anbau von eigenem Obst und Gemüse befriedigt ein Urbedürfnis vieler vor allem in Städten lebender Menschen. Und auch das Gefühl, der Natur etwas zurückgeben und selbst etwas für den Erhalt der Biodiversität tun zu können, scheint ein Motiv zu sein.
Aber Gärtnern ist nicht gleich Gärtnern. Nahezu zeitgleich erreichen Dokutainment-Formate wie „Duell der Gartenprofis“, in dem zwei Gartenbauunternehmer Ideen für vermeintliche Traum-gärten entwickeln und um einen Auftrag kämpfen, ungeahnte Einschaltquoten. Nur: Die dort vorgestellten Konzepte für den lang ersehnten Traumgarten haben mit Natürlichkeit nichts zu tun und folgen einem immer gleichen Schema: Überdimensionierte Terrassen verlagern Wohnzimmer nach draußen, wertvoller Erdboden wird durch Trittplatten, Wege und Grillplatz versiegelt und sogar alte Obstbäume müssen nichtheimischen Gehölzen weichen.
Modern und pflegeleicht soll es sein. Unzählige Tonnen von Natursteinen, deren Herkünfte wegen der damit einhergehenden Landschaftszerstörung hinterfragt gehören, finden ihren Weg als „Rasenmähkante“ oder Hochbeet-Umrandungen in noch so kleine Außenbereiche. Dass bei so viel Einsatz insektenfreundliche Brachen und letzte Wildnisecken in den ansonsten sterilen Neubaugebieten für immer vernichtet werden, scheint weder die Protagonisten noch den Fern-sehsender zu stören. Rindenmulch, Vliese und Folien zur Rückdrängung von so genannten „Unkräutern“, die es für einen Botaniker gar nicht gibt, dürfen natürlich auch nicht fehlen.
Zum krönenden Abschluss umrandet der immergrüne Kirschlorbeer einen sattgrünen Rollrasen, um wenigstens einen Anstrich von „Grün“ in die neue Außenanlage zu zaubern. Dabei müssten
es die gelernten Landschaftsgärtner doch eigentlich besser wissen. Und ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender mit Bildungsauftrag in Zeiten von Klimawandel und Artenschwund sich seiner besonderen Verantwortung bewusster sein.
Während viele immer noch mit Giftspritze und Unkrautvernichter in ihren Einheitsgärten mit Thujahecke und Schotterflächen gegen jedes noch so kleine Pflänzchen vorgehen, hat aber zum großen Glück schon längst ein Umdenken eingesetzt. Man kann beinahe von einer Gegen-bewegung sprechen, denn: Das „natürliche Gärtnern“ wird wieder groß geschrieben. Der Garten wird – endlich - als „ein kleines Stück Umwelt“ betrachtet, als Ökosystem und Lebens-raum, in dem es gilt, die biologische Vielfalt zu bewahren und zu fördern. Bedenkt man, dass in Deutsch-land etwa 17 Millionen Gärten mit einer Gesamtfläche von 6.000 Quadratkilometern existieren – das ist das Fünffache der als Naturschutzgebiete ausgewiesenen Flächen (ca. 1.240 Quadrat-kilometer) – wird klar, wie wichtig natur- und umweltverträgliches Gärtnern wirklich ist.
Tauschbörsen für heimische Wildsamen und Stauden florieren und bieten Naturgärtnern
und denen, die es werden wollen, eine willkommene Gelegenheit, gemeinsam Aspekte des biolo-gischen Gärtners zu beleuchten, denn wassersparendes Gießen, richtiges Düngen oder auch das erfolgreiche
Kompostieren von Garten- und Küchenabfällen wollen gelernt sein.
Die Natur für sich nutzen, ohne sie zu zerstören. Im Garten leben, sich erholen, ein Garten für die Gesundheit und das Wohlbefinden. Aber auch ein Garten für Tiere wie Igel und Maulwurf, Vögel, Käfer und Insekten. Der natürliche Garten ist ein gangbarer und unverzichtbarer Weg, im Gleichgewicht mit der Umwelt zu leben und kommenden Generationen ein Stück Natur zu schenken. Packen wir es an!
01/2022
Kein Torf in den Topf - Moore und Klima schützen
Die UN-Klimakonferenz in Glasgow ist beendet. Was bleibt, ist Rätselraten über die Wirksamkeit der beschlossenen Maßnahmen. Eins aber ist sicher: Klimaschutz fängt im Kleinem an. Jede(r) Einzelne kann und sollte darüber nachdenken. Denn selbst die Wahl der Blumenerde, die für Balkonpflanzen oder die Gartengestaltung verwendet wird, ist relevant für unser Klima. Wie das?
Wer einmal mit offenen Augen durch einen Baumarkt oder ein Gartencenter geht, wird schnell feststellen, dass die meisten Angebote, die als Blumenerde deklariert sind, hauptsächlich Torf enthalten. Doch was ist Torf eigentlich? Und was bringt Torf meinen Pflanzen? Für die meisten Blumenliebhaber ist die Antwort wahrscheinlich überraschend. Torf ist der Stoff, aus dem unsere Moore bestehen. Und den Pflanzen bringt er erst einmal NICHTS!
Moore sind weltweit bedroht, inzwischen sehr seltene Ökosysteme und als Lebensräume für ganz besondere Tier- und Pflanzenarten von immenser Bedeutung. Damit nicht genug: Moore sind außerordentlich klimarelevant, denn sie speichern das Treibhausgas Kohlendioxid.
Die Nutzung der vor etwa 12.000 Jahren natürlich entstandenen Moore begann schon ganz früh. Moorstandorte wurden zur land- und forstwirtschaftlichen Zwecken systematisch durch Gräben entwässert und genutzt, Torf wurde abgebaut, getrocknet und als Brenn- und Heizstoff verwendet. Obwohl bekannt ist, dass die Folgen dieser Eingriffe unumkehrbar sind, geschehen sie heute noch überall und zu jeder Zeit auf unserem Planeten. Zurück bleiben ein gestörter Wasserhaushalt, Bodenerosion und der Verlust einer ursprünglichen und einzigartigen Moorvegetation.
Dazu zählt in erster Linie das Torfmoos, das entscheidend für die Entstehung von Mooren ist. Denn die kleinen wurzellosen Pflänzchen können unbegrenzt wachsen. Die Basis unter Wasser stirbt dagegen aufgrund des Luftabschlusses ab. Aus den sich unvollständig zersetzenden Pflanzenresten entsteht der allseits beliebte Torf.
So weit so gut. Aber wussten Sie, dass dieser Prozess extrem langsam abläuft? Dass Torf durchschnittlich nur 1 Millimeter pro Jahr wächst? Aber dabei dauerhaft Treibhausgase bindet?
Dass Torf wider besseres Wissens immer noch sehr gerne im Garten und auf dem Balkon eingesetzt wird, hat zugegebenermaßen gleich mehrere gute, teils verführerische Gründe: Torf ist leicht und einfach zu transportieren. Torf speichert viel Wasser, ohne dass Pflanzenwurzeln an Sauerstoffmangel leiden. Torf hat einen niedrigen pH-Wert und kann mit Hilfe von Kalk an unterschiedlichste Pflanzenbedürfnisse angepasst werden. Und zu guter Letzt: Torf ist nährstoffarm, weshalb ihm Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphate zugesetzt werden können, aber auch müssen, denn ohne Nährstoff kein Pflanzenwachstum.
Doch das begehrte Gut wird knapp. Die globalen Vorräte können nur noch wenige Jahrzehnte unseren Bedarf decken. Hinzu kommt, dass der Torfabbau große Mengen Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre freisetzt. Verschärft wird die Situation dadurch, dass die heute schon unter dem Klimawandel leidenden Moorgebiete in Rußland, Skandinavien und im Baltikum seit geraumer Zeit „unlöschbar“ brennen und die Freisetzung von CO2 damit zusätzlich vorantreiben.
Moorschutz ist Klimaschutz. Nach industriell betriebener Abtorfung, großflächiger Entwäs-serung, Umnutzung für Landwirtschaft und Siedlung, Belastung durch Großvorhaben wie Autobahn- und Flughafenausbau u.v.m. sind in Deutschland nur noch 1 Prozent der Moore unbeeinflusst. Dass das nicht nur für das Klima schlecht ist, versteht sich von selbst. Durch die Entwässerung der Feuchtgebiete kommt es zu Artenverarmung und Biodiversitätsverlusten. Moosbeere, Wollgras und Sonnentau verschwinden, viele ans Moor angepasste Schmetterlings-arten sind akut gefährdet, Libellen und Fledermäuse sind ebenso betroffen wie Kreuzotter und Moorfrosch. Die Renaturierung und Wiedervernässung degradierter Moore könnte somit nicht nur einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch zum Artenschutz leisten.
Aber auch im heimischen Umfeld ist der vollständige Verzicht oder zumindest eine starke Reduzierung des Torfeinsatzes aus vielerlei Gründen sinnvoll. Somit gilt ab sofort: Kein Torf in den Topf. Im Internet finden sich viele Beispiele klimafreundlicher Alternativen wie beispielsweise der eigene Kompost.
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