Weil viele heimische Wildpflanzen nicht so auffällig blühen wie Zierpflanzen, sind sie fast in Vergessenheit geraten – zu Unrecht!
Flächenverlust, Herbizide und die Überdüngung der Landschaft machen ihnen in freier Wildbahn zu schaffen. Umso schöner, wenn wir ihnen in unseren Gärten zum Comeback verhelfen können – mit
Naturgärten. Die Pflanzen des Monats werden vorgestellt von der Stiftung Mensch und Umwelt.
Pflanzenportrait Mai 2023
Schlangen-Knöterich (Bistorta officinalis)
Pfeifenputzer mit nassen Füßen
In feuchten Wiesen oder am Gewässerrand erheben sich im Mai hellrosa Blütenstände, die an
Pfeifenputzer erinnern. Der Schlangen-Knöterich – manchmal auch „Wiesen-Knöterich“ oder
„Schlangen-Wiesenknöterich“ genannt – beginnt nun, zahlreiche Bestäuber wie Bienen oder
Schmetterlinge anzulocken.
Er benötigt einen eher sonnigen, feuchten bis nassen, nährstoff- und humusreichen Standort. Auch im Garten fühlt er sich an entsprechenden Stellen wohl, etwa am Teichrand. Doch auch auf dem Balkon blüht er gerne. Hierfür eignet sich ein Topf mit Untersetzer, sodass er immer etwas im
Wasser steht. Austrocknen sollte der Topf besser nicht.
Passende Partner im Garten oder im großen Kübel sind Bach-Nelkenwurz oder die später
blühenden Pflanzen Blut-Weiderich und Mädesüß.
Nicht nur die Blüten, auch die Blätter sind interessant: Wir können sie in Maßen als Salat essen. Auch zahlreiche Schmetterlingsraupen, wie die von einigen seltenen Perlmutt- und Feuerfaltern, benötigen die Blätter als Nahrung. Für uns essbar ist auch das Rhizom, das durch seine S-Form dem Schlangen-Knöterich seinen Namen gibt. In der Naturheilkunde wird es auch bei Durchfall oder Rachenentzündungen verwendet.
An geeigneten Standorten benötigt die Pflanze keine Pflege, sondern breitet sich gerne von selbst
aus. Nachhelfen können wir ihr, indem wir sie aussäen oder das Rhizom teilen und an weiteren
Stellen einpflanzen. Dann können wir mit dem wunderschönen „Pfeifenputzer“ noch mehr Insekten anlocken.
Pflanzenportrait April 2023
Gewöhnliche Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris)
Wenn die Kuhglocken läuten
Vielleicht sind es die spektakulärsten Blüten, die die heimische Flora zu bieten hat: Große violette
Blütenblätter umranden das strahlend gelbe Zentrum. Im April hat die Kuhschelle ihren großen
Auftritt.
Ihren Namen hat sie von ihrer Blütenform, die an Kuhglocken erinnert. Der andere bekannte Name „Küchenschelle“ hat nichts mit Kochen oder Backen zu tun. Er ist eine Verniedlichungsform der Kuh (Kühchen), bei der ein „h“ verloren gegangen ist.
Die Kuhschelle wächst gerne an hellen, trockenen, mageren und eher kalkigen Stellen. Weil diese
Standorte immer seltener werden, gehen auch ihre Bestände stark zurück. Sie steht unter Naturschutz, darf also keinesfalls für den eigenen Garten ausgegraben werden. Dies würde sie ohnehin nicht
gut verkraften, weil die Wurzeln empfindlich auf Störungen reagieren.
Glücklicherweise können wir aber Kuhschellen-Pflanzen oder -Samen im Fachhandel kaufen. Die
Samen sind ähnlich attraktiv wie die Blüten. Ihre behaarten Federschweife sind nicht nur schön,
sondern drehen die Samen nach ihrem „Abflug“ in den Boden. Dies geschieht, weil sie sich je nach Luftfeuchtigkeit ausdehnen oder zusammenziehen. Unsere Vorfahren scheinen die Samenstände jedoch eher als unheimlich wahrgenommen zu haben, was alte Namen wie „Bocksbart“ oder „Teufelsbart“ vermuten lassen.
Direkt nach der Reife keimen die Samen zuverlässig. Finden sie nicht gleich einen geeigneten Platz dazu, gehen sie allerdings in eine Ruhephase und benötigen den Kältereiz des Winters, um im nächsten Jahr auszukeimen. Bis sich eine kräftige Pflanze entwickelt hat, kann es dann noch 3 oder 4 Jahre lang dauern.
Nicht nur wir Menschen, auch Insekten erfreuen sich an der Kuhschelle. Die Dunkelgrüne Schmalbiene und die Zweifarbige Schneckenhausbiene sammeln dort Pollen, um ihren Nachwuchs zu versorgen.
Wenn wir der Kuhschelle im eigenen Garten einen sonnigen und trocken-mageren Platz bieten, können wir uns jedes Frühjahr auf ein
Farbspektakel freuen.
Pflanzenportrait März 2023
Buschwindröschen (Anemone nemorosa)
Meist im Wald unter alten Buchen, aber auch unter Schlehenhecken leuchten schon bald die
weißen Blüten des Buschwindröschens. Die Pflanze nutzt die Zeit, in der die Bäume und Büsche
noch keine Blätter haben, um an möglichst viel Licht zu gelangen.
Buschwindröschen haben im Gegensatz zu anderen Frühblühern keine Zwiebeln, sondern ein
unterirdisches Rhizom. An dessen Triebspitzen erscheint in der Regel nur eine Blüte pro Pflanze.
Für die weißen Blütenteppiche ist also ein weitverzweigter Wurzelstock notwendig. Die Blüten sind in der Regel weiß und haben gelbe Staubgefäße. Sie schließen sich nachts und bei Regen.
Doch nicht nur die Blüten, auch die Blätter sind sehr hübsch anzusehen. Und auch sie sind nicht
von langer Dauer: Schon im Frühsommer hat sie das Buschwindröschen eingezogen, sodass wir
oberirdisch dann keine Spur mehr von der Pflanze finden.
Auch im eigenen Garten ist diese Pflanze attraktiv und unkompliziert. Allerdings benötigt sie
Humus. Den bekommt sie am natürlichen Standort vom zersetzten Falllaub der Bäume „frei Haus“
geliefert. Folgerichtig ist auch im Garten der beste Platz unter Laubgehölzen, an dem das gefallene Laub liegen bleiben und langsam kompostieren kann. In diesen Bereichen sollte der Boden nicht bearbeitet werden, um Schäden am Rhizom zu vermeiden.
Wer Buschwindröschen an weiteren Stellen haben möchte, kann einige Pflanzen nach der Blüte
ausstechen und am gewünschten Platz einpflanzen. Dort vermehren sie sich kräftig, wenn ihnen
der Standort gefällt. Oder Sie lassen die Ameisen machen: Sie verteilen die Samen, weil sie auf
deren nahrhaften Anhang, das Elaiosom, „scharf“ sind. Die Samen selbst werden anschließend aus dem Ameisenbau aussortiert und können keimen.
Für die Küche sind Buschwindröschen ungeeignet. Die ganze Pflanze ist giftig. Genießen wir daher nur den Anblick der hübschen weißen Blütenteppiche!
Pflanzenportrait Februar 2023
Kornelkirsche (Cornus mas)
Eine der Ersten fürs Buffet
Schon im Februar leuchtet es gelb an einigen Sträuchern. Die Kornelkirsche öffnet dann ihre wohlriechenden Blüten, die prall mit Nektar und Pollen gefüllt sind. Eine wichtige Nahrungsquelle
für die Frühaufsteher unter den Insekten!
Der Strauch, der manchmal auch als Baum wächst, ist jedoch gar keine Kirsche. Er gehört zu den Hartriegelgewächsen. Sein Holz ist so hart und schwer, dass es im Wasser untergeht. Die Früchte, die
erst im Spätsommer ausreifen, sind bei Vögeln und Kleinsäugern sehr beliebt. Doch auch für uns Menschen haben sie einiges zu bieten: Aus ihnen lassen sich leckere Marmeladen, Säfte oder Obstbrand
herstellen. Hierfür bieten sich süßer schmeckende Kornelkirschen-Sorten wie „Jolico“ an.
Weil die Früchte gerne paarweise erscheinen, wird die Kornelkirsche in einigen Landstrichen auch „Hahnenhoden“ genannt. Etwas bekannter sind weitere Namen wie „Herlitze“, „Dürlitze“ oder auch
„Dirndlstrauch“.
Die Kornelkirsche lässt sich gut in Hecken integrieren und ist schnittfest. Besondere Ansprüche an den Standort stellt sie nicht, solange sie Sonne abbekommt. Dann kann sie sogar Hänge mit ihrem
dichten Wurzelwerk befestigen. Sie ist also ein tolles Gehölz für den Garten. Da kann keine Forsythie mithalten!
TIPP: Es kann einige Jahre dauern, bis eine neu gepflanzte Kornelkirsche blüht. Kaufen Sie daher eher größere und ältere Exemplare. Ob die Kornelkirsche im Frühjahr blühen wird,
lässt sich schon ab dem Herbst des Vorjahres erkennen. Denn dann bildet sie ihre kugeligen Blütenknospen aus, die sich leicht von den länglichen Blattknospen unterscheiden.
Pflanzenportrait Januar 2023
Kleine Braunelle (Prunella vulgaris): Kleine Rasendiamanten
Kennen Sie schon die „Blume des Jahres“? Die Chancen stehen nicht schlecht, dass sie ganz in Ihrer Nähe wächst. Die Kleine Braunelle
finden Sie in Wiesen und Weiden, aber auch in Rasen hält sie sich gut. Dort wächst sie oft neben Gänseblümchen, Weißklee oder Gamander-Ehrenpreis. Wie ihre Begleiter wird sie nur um die 10 cm hoch.
Dies hilft ihr dabei, auch gelegentliches Mähen gut wegzustecken.
Ihre violetten Lippenblüten locken von Juni bis September vor allem Hummeln und andere Hautflügler an, aber auch Schmetterlinge. Die
Stahlblaue Mauerbiene sammelt an ihr auch Pollen für den Nachwuchs.
Die Kleine Braunelle verbreitet sich vor allem über Ausläufer und eignet sich bestens für einen Blumen-Kräuterrasen. Das sind
blütenreiche Rasen, die nur 3 bis 6 mal im Jahr gemäht werden und einen guten Kompromiss zwischen ödem „Gebrauchsrasen“ und einer Blumenwiese bilden. Mähen Sie doch Ihren Rasen auch seltener!
Vielleicht blüht die Kleine Braunelle dann auch bei Ihnen.
Übrigens: Gefällt Ihnen die Kleine Braunelle so gut, dass Sie sie auch im Beet haben möchten, macht die eng verwandte Großblütige
Braunelle dort noch mehr her.
Die „Blume des Jahres“ wird von der Loki-Schmidt-Stiftung gekürt. Mit der Wahl der Kleinen Braunelle will sie auf den Schutz ihrer
Lebensräume in Blumenrasen, Wiesen, Weiden und an Wegrändern hinweisen.
Über die Stiftung für Mensch und Umwelt
Die Stiftung für Mensch und Umwelt (SMU) wurde als gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Berlin im September 2010 gegründet. Bekannt
ist sie insbesondere durch ihre Initiative „Deutschland summt! Wir tun was für Bienen“.
Damit lenkt die Stiftung seit 2010 die Aufmerksamkeit auf Möglichkeiten, dem rasanten (Wild)Bienensterben entgegenzutreten. Es entstand
ein Netzwerk aus mehr als 30 Gemeinden, Kommunen und Landkreisen – alle wollen ihre Region farbenfroher, attraktiver und lebenswerter gestalten und ihre Einwohnerinnen und Einwohner aktivieren,
selbst für mehr biologische Vielfalt einzutreten. Dabei dienen Wild- und Honigbienen als „Botschafterinnen“.
Quelle: Stiftung Mensch und Umwelt