6. Dezember 2024
Recht auf Wohnungstausch bietet Vorteile für Menschen, Klima- und Ressourcenschutz
- Wohnungstausch bietet Vorteile für Menschen, Klima- und Ressourcenschutz
- Umfrage zeigt: Bereitschaft für Mietwohnungstausch bei fast 65 Prozent
- Rechtliche Verankerung laut Rechtsgutachten verfassungskonform
Berlin. In deutschen Großstädten explodieren die Mieten, gleichzeitig stehen viele Wohnungen leer oder werden nicht optimal genutzt: Während 8,6 Millionen Menschen in zu kleinen Wohnungen leben,
haben vier Millionen Singles mehr als 80 Quadratmeter zur Verfügung. Das gestern veröffentlichte Impulspapier "Mietwohungstausch statt Neubau: gut für Umwelt und
Mietmarkt“ des WWF Deutschland zeigt: Wohnungstausch könnte beide Probleme lösen - und ganz nebenbei Klima und Ressourcen schonen.
Silke Küstner, Expertin für Kreislaufwirtschaft und Bauwirtschaft beim WWF Deutschland, sagt: „Das Potenzial ist enorm: Allein, wenn zehn Prozent der Menschen, die zu groß wohnen,
ihre Wohnsituation ändern würden, entstünde Platz für zwei Millionen Menschen. Jeder Quadrat-meter Neubau verursacht bis zu 800 Kilogramm CO2. Durch das bedarfsgerechte Nutzen von Wohnraum sinkt der
energie- und ressourcenintensive Neubaubedarf. Mit einem Recht auf Mietwohnungstausch könnten wir dringend benötigten Wohnraum schaffen und gleichzeitig das Klima schützen.“
Dr. Melanie Weber-Moritz, Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbund, sagt: „Ein gesetz-licher Anspruch auf Wohnungstausch würde die Situation für Mieterinnen und Mieter erheblich
verbessern und könnte zumindest teilweise für die dringend benötigte Entlastung auf dem Wohnungsmarkt sorgen. Bezahlbare Wohnungen stehen fast gar nicht zur Verfügung. Alternati-ven wie
Wohnungstausch gewinnen daher zunehmend an Bedeutung, das Potential dafür ist gerade in Ballungsräumen riesig.“
Die Bereitschaft zum Wohnungstausch ist überraschend hoch: Eine aktuelle GfK-Umfrage im Auftrag des WWF Deutschland zeigt, dass fast zwei Drittel der deutschen Mieterinnen und Mieter bei einem
passenden Angebot ihre Wohnung tauschen würden. Bei den 18- bis 39-Jährigen sind es sogar 78,4 Prozent. Bei den 40- bis 59-Jährigen liegt die Bereitschaft bei 61,1 Prozent, und selbst die Hälfte der
über 60-Jährigen (49,5 Prozent) wäre für einen Tausch offen. Besonders bemerkenswert: 27,4 Prozent der tauschbereiten Befragten würden auch in eine kleinere Wohnung ziehen - bei 23 Millionen
Mietwohnungen in Deutschland ein enormes Potenzial.
Der WWF Deutschland und der Deutsche Mieterbund fordern, dass die nächste Bundesregierung bis 2026 ein Recht auf Mietwohnungstausch im BGB gesetzlich verankert. Ein solches Recht ist
verfassungskonform und schnell umsetzbar. Das bestätigt eine Studie des Instituts für Klima-schutz, Energie und Mobilität (IKEM) im Auftrag des WWF. Das grundsätzliche Recht würde klare
Rahmenbedingungen für Mieter:innen und Vermieter:innen schaffen und damit den Rechts-rahmen gezielt stärken. Der Gesetzesvorschlag sieht vor, dass Vermieter:innen ihre Zustimmung zum Tausch nicht
grundsätzlich verweigern dürfen, sondern nur aus wichtigem Grund, zum Beispiel bei mangelnder Zahlungsfähigkeit der Tauschpartner:innen.
Leonie Durschang, wissenschaftliche Referentin am Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM), sagt: „Ein Recht auf Mietwohnungstausch lässt sich mit dem Grundgesetz
vereinbaren - ähnlich wie bereits bestehende Regelungen zum Eintritt in Mietverträge bei Scheidung oder Tod. Der Eingriff in die Eigentumsrechte der Vermieterinnen und Vermieter ist verhältnismäßig,
wenn man die enormen gesellschaftlichen Vorteile für Klimaschutz und Wohnraumversorgung betrachtet. Unser Gesetzentwurf schafft dabei einen fairen Ausgleich: Vermietende können den Tausch
insbesondere aus wichtigen Gründen ablehnen."
Hintergrund
Der Gebäudesektor verbraucht 65 Prozent des europäischen Zements und verursacht mehr als die Hälfte des deutschen Abfallaufkommens.
Deutschland hat mit 53,5 Prozent die höchste Mietquote in der EU. Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person stieg von 34,9 Quadratmetern (1991) auf heute über 47
Quadratmeter.
Quelle: WWF
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