14. August
Hessens Verantwortung für Mensch und Natur
Landesregierung muss Chancen des „Nature Restoration Law“ der EU nutzen
Wetzlar – Am kommenden Sonntag (18. August) tritt das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law) in Kraft. Das Gesetz soll Ökosysteme wie Auen, Wälder und Moore wieder in einen guten Zustand bringen und eine Trendwende beim Artenverlust einleiten. Inmitten der Natur- und Klimakrise weckt der Start des Gesetzes große Hoffnungen. Damit es zum Erfolg wird, sind nun vor allem die Bundesländer gefragt.
„Nicht zuletzt die Hochwasser-Ereignisse der letzten Monate zeigen, wie wichtig eine intakte Natur ist, die nachhaltig bewirtschaftet wird. Sicheres Wohnen braucht natürlichen Hochwasser-schutz, gutes Wirtschaften braucht langfristig verfügbare natürliche Ressourcen, Ernährungs-sicherheit braucht Bestäubung durch Insekten, lebendige Böden und Schutz vor Dürren. Die Natur ist unser Zuhause. Das neue EU-Gesetz hat verstanden, worauf es ankommt, damit wir weiterhin ein gutes Leben haben“, erklärt NABU-Landesvorsitzender Maik Sommerhage. Nun sei die Landesregierung in der Pflicht, die Chancen zu ergreifen und den Schutz von Klima und biologischer Vielfalt stärker in den Fokus zu rücken. Dazu gehöre es, die Wiederherstellung der natürlichen Lebensräume entschieden anzupacken.
Bei der Wiederherstellung intakter Natur hat der NABU Hessen insbesondere drei Bereiche im Fokus, den Auenschutz, den Erhalt der Wälder und eine nachhaltigere Landwirtschaft. „Auenwie-sen und -wälder sind effektive natürliche Helfer gegen die steigenden Wasserfluten. Sie können nicht nur das Wasser aufnehmen, sondern auch den Wasserabfluss bremsen und damit Kata-strophen flussabwärts verhindern. Der einzige Weg, gravierende Schäden zu verhindern, ist das Freihalten der Überflutungsflächen von Bebauung“, erläutert Sommerhage. Auen gehören zudem zu den artenreichsten Lebensräumen. Klimawandel-Anpassung und Artenschutz gehen hier, so der NABU, Hand in Hand. Wichtig sei es, dass alle hessischen Gewässer einen Gewässerent-wicklungsstreifen von 10 bis 30 Meter Breite erhalten, in denen sich Bäche und Flüsse frei entfal-ten können. Hier müsse eine landwirtschaftliche Nutzung unterbleiben. Dazu brauche es ein aktives Flächenkauf-Programm des Landes. „Auf dieses Ziel haben sich Vertreter von Natur-schutz- und Landwirtschaftsverbänden mit der Landesregierung im Jahr 2021 geeinigt. Bislang ist allerdings noch nicht viel dafür getan worden“, so Sommerhage.
Auch beim Schutz der hessischen Wälder besteht Handlungsbedarf: „Um unsere Wälder in der Klimakrise widerstandsfähiger zu machen, müssen wir der Natur mehr Raum geben. Naturnahe Wälder sind deutlich resilienter gegen Hitze und Dürre als intensiv genutzte Forste. Deshalb brauchen wir in allen Landesteilen natürliche Zukunftswälder, die sich frei entwickeln können und Lebensquell für die Vielfalt sind“, erklärt Sommerhage. Ein erster Schritt der Landesregierung zur Wiederherstellung der Natur sei es, den Anfang des Jahres erlassenen Stopp der Ausweisung von Naturwäldern als Naturschutzgebiete aufzuheben und die wertvollen alten Buchenbestände in FFH-Gebieten stehen zu lassen.
In der freien Feldflur, die etwa 42 % der Landesfläche Hessen ausmacht, gelte es, mit kreativen Maßnahmen das immense Vogel- und Insektensterben aufzuhalten. „Der Kiebitz als Vogel des Jahres zeigt die Probleme deutlich auf: Der einst häufige Wiesenvogel kommt durch die Trocken-legung von Feuchtwiesen und eine intensivere Landwirtschaft nur noch in wenigen Restbestän-den vor. In den letzten dreißig Jahren nahmen die Brutbestände von 2.000 auf 350 Paare ab“, erklärt Sommerhage. Da es aber auch nötig sei, eine bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten, komme es auf eine produktive Kooperation von Naturschutz und Landnutzern an. „Die Landes-regierung muss die Beratung für eine naturnahe Bewirtschaftung verbessern, die Fördermöglich-keiten für Öko-Maßnahmen vereinfachen und die Pestizidreduktion stärker in den Fokus neh-men“, so Sommerhage. Der NABU stehe als kompetenter Partner für die Umsetzung des Nature Restoration Law in Hessen zu Verfügung.
Quelle: NABU Landesverband Hessen e.V.
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