19. Mai 2025
Agrar-Roboter, Naturschutz und die Herbstzeitlose
Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung (GNA) setzt Roboter zur automatisierten und herbizidfreien Bekämpfung ein
Main-Kinzig-Kreis. Das Wort „Roboter“ kommt aus dem Russischen und bedeutet schlicht „Arbeiter“. Das Wort beschreibt treffend sein Haupteinsatzfeld, auch wenn viele damit eher Science Fiction und technische Spielereien assoziieren.
„Aus der Industrie ist der Roboter nicht mehr wegzudenken. Jetzt hat er Eingang in ein neues Feld gefunden: Die Landwirtschaft. Waren es in der Industrie rein wirtschaftliche Erwägungen, die ihm zu seinem Siegeszug verholfen haben, so spielt in der Landwirtschaft ein weiterer Faktor ganz entscheidend mit: Der Umwelt- und Naturschutz!“ erläutert GNA-Projektmanager Dr. Helmut Steiner die Hintergründe. Und weiter: „Die Nachkriegszeit glaubte an Chemie und Quantität. Kunstdünger, Pestizide und Herbizide sollten alle Probleme lösen, und „viel hilft viel“. Inzwischen haben wir erkannt, welche Geister wir da riefen. Mit der Abkehr von der Chemie kehren wir zurück zur mechanischen Bearbeitung früherer Zeiten, zu dem, was man früher in Handarbeit gemacht hat. Die dazu nötigen Personen sind weder vorhanden noch bezahlbar. Hier kommt unser neuer „Arbeiter“ ins Spiel.“
Unter der Bezeichnung „Agrar-Roboter“ findet eine Vielzahl von Entwicklungen statt. Es existieren vergleichsweise simple Geräte für einzelne Aufgaben bis hin zu hochkomplexen KI-Systemen, die von der Einsaat über die Pflege bis zur Ernte den gesamten Arbeitsprozess übernehmen. Vieles davon ist bereits auf dem Markt. Der Mähroboter für den Vorgarten ist nur ein Ableger der ersten Kategorie. An ihm lässt sich demonstrieren, welche „Intelligenz“ auch von einer simplen Maschine verlangt wird: Sie muss die Grenzen ihres Arbeitsfeldes kennen, einen sinnvollen Arbeitsweg berechnen, muss Rasen von Blumenbeeten und anderen Elementen und bereits gemähte von nicht gemähten Flächen unterscheiden. Außerdem muss sie „wissen“, was zu tun ist, wenn Hindernisse auftauchen und wann die Arbeit abzubrechen ist wie beispielsweise bei Regen. Und: Der Mähroboter muss rechtzeitig an seine Ladestation zurückkehren, um weiter arbeiten zu können.
Steuerung entscheidend. Auch wenn es bei der Mechanik, bei den „Werkzeugen“ des Roboters eine Menge Entwicklungen gibt: Das entscheidende Element ist die Steuerung. Die obige Leistungsbeschreibung eines simplen Roboters lässt schon erahnen, wie viel Entwicklungsarbeit in einem komplexen System steckt.
Roboter zur Unkrautbekämpfung sind aus Naturschutzsicht besonders interessant. Ihr Merkmal ist die Fähigkeit, Pflanzen unterscheiden zu können. Dazu gibt es zwei Wege: Ein räumliches Gedächtnis oder ein visuelles Erkennen. Der erste Weg findet nur in Robotern Anwendung, die im Ackerbau, speziell im Gemüsebau eingesetzt werden. Der Roboter „merkt“ sich bei der Aussaat die genaue Position jeder Nutzpflanze, alles andere wird beseitigt. Voraussetzung dafür ist eine hochpräzise Ortserfassung mittels GPS.
KI unterstützt Bekämpfung. Der zweite Weg ist universeller. Der Roboter erfasst Pflanzen per Kamera. Um die für seine jeweilige Aufgabe relevanten Pflanzen erkennen zu können, muss er trainiert werden. Das geschieht mittels K.I. - „künstlicher Intelligenz“. Laienhaft ausgedrückt wird dem Roboter gesagt, was auf seinen Bildern die Zielpflanze ist und was nicht, und das System sucht sich dann selbst die Merkmale, nach denen es beides unterscheiden kann. Dies erfordert eine Vielzahl von Bildern, und wie in der Schule, Erfolgskontrollen, Korrekturen und Nachlernen – ein äußerst aufwendiger Prozess. Beide Wege lassen sich auch kombinieren. So kann beispiels-weise die Erkennung der Pflanzen mit einer Drohne durchgeführt werden, die eine räumliche Anwendungskarte erstellt, nach der der Roboter dann arbeitet.
Naturschutz und Landwirtschaft Hand in Hand. In ganz Mitteleuropa, und damit auch im unteren Kinzigtal, gibt es ein gravierendes Problem: Die giftige Herbstzeitlose breitet sich auf extensiv bewirtschafteten Grünland immer weiter aus. Wirtschaftlich ist dies für den Landwirt kritisch, weil Heu und Silage von diesen Flächen nicht vermarktet werden kann. Und weil die wertvollen Flächen bei Nutzungsaufgabe verbuschen und damit für viele seltene Arten nicht mehr als Lebensraum zur Verfügung stehen, sieht sich auch der Naturschutz vor einer kaum zu bewältigenden Aufgabe, denn eine naturschutzgerechte Bekämpfung der Herbstzeitlosen ist extrem aufwändig.
„Hier setzen wir unsere Hoffnung auf Agrar-Roboter. Bei der Vielzahl an Neuentwicklungen sollten wir eigentlich reichlich Auswahl haben. Leider ist dem nicht so. Zum einen sind die Anforderungen an einen Feldroboter, der in klaren Reihen mit einer limitierten Artenzahl arbeitet, deutlich geringer als für Arbeiten in einer unstrukturierten Wiese mit ihren dutzenden von Arten. Schon aufgrund der Marktgrößen finden die meisten Entwicklungen aber im Segment der Feldroboter statt. Zum anderen setzen die verschiedenen Entwicklungen unterschiedliche Techniken zur Entfernung unerwünschter Pflanzen ein. Neben klassischen Techniken wie dem mechanischen Grubber oder hochpräziser Herbizidausbringung finden sich Neuentwicklungen wie Hochdruck-Wasserstrahler, Heißwasserstrahler oder gar Laser. Die Herbstzeitlose besitzt jedoch eine unterirdische Knolle. Die Entfernung der oberirdischen Teile beeinträchtigt die Pflanze nur in geringem Maße. Wir brauchen daher ein System, das die unterirdischen Teile entfernt. Hier ist aber gegenwärtig nur ein einziges System in Entwicklung: Die Roboter des Allgäuer Startups Paltech GmbH.
Ursprünglich für die Ampferbekämpfung entwickelt, bohren diese Roboter Wurzeln oder unter-irdische Knollen aus.“ Im Rahmen eines vom Land Hessen geförderten Projekts evaluiert die GNA in Kooperation mit der Firma Paltech die Effektivität dieser Roboter. „Nicht nur wir erwarten mit Spannung die Ergebnisse …“, so Steiner abschließend.
Viele Tier- und Pflanzenarten sind bedroht, Biotope, Lebensräume und Ökosysteme stark gefährdet. Mithilfe Ihrer Spenden macht sich die GNA stark für die letzten Naturparadiese.
Lernen Sie die Projekte kennen (www.gna-aue.de) und unterstützen Sie die gemeinnützige Organisation mit einer Spende auf das Konto bei der Raiffeisenbank Rodenbach mit der IBAN DE75 5066 3699 0001 0708 00. Ihre Spenden können dem Finanzamt gegenüber steuerlich geltend gemacht werden.
Quelle: GNA e.V.
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