24. Mai 2024
Kollaps der Wanderfische
WWF-Report: Zusammenbruch der Bestände wandernder Fischarten bedroht Gesundheit von Millionen Menschen
• | Störe, Aale und Lachse: Bestände von Wanderfischen seit 1970 weltweit um durchschnittlich 81 Prozent eingebrochen | |
• | Stärkste Rückgänge in Lateinamerika und der Karibik sowie in Europa | |
• | WWF treibt Rückbauprojekte für die Zukunft von Fischbeständen voran: Barrieren in deutschen Flüssen entfernen |
Berlin: Die Populationen wandernder Süßwasserfischarten, wie etwa Störe, Aale, oder Lachse gehen weltweit weiter zurück und gefährden
damit die Ernährungssicherheit und Lebensgrund-lage von Millionen von Menschen sowie die Gesundheit und Resilienz von Süßwasseröko-systemen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie, die der WWF
anlässlich des Weltwander-fischtags am 25. Mai vorgestellt hat. Demnach sind die erfassten Bestände zwischen 1970 und 2020 um durchschnittlich 81 Prozent eingebrochen – mit besonders hohen Verlusten
von 91 Prozent in Lateinamerika und der Karibik sowie 75 Prozent in Europa. Der Bericht „Living Planet Index: Migratory Freshwater Fishes” wurde vom WWF gemeinsam mit der Zoological Society of London
und anderen Naturschutzorganisationen erstellt.
Lebensraumverlust und -degradation – einschließlich der Zerstückelung von Flüssen durch Staudämme und die Umwandlung von Feuchtgebieten in landwirtschaftliche Nutzflächen – machen
demnach die Hälfte der Bedrohungen für Wanderfische aus, gefolgt von Überfischung. Extrem hohe Sterblichkeitsraten von wandernden Fischen an Wasserkraftanlagen sind bekannt. Zunehmende
Wasserverschmutzung und die Auswirkungen des Klimawandels tragen ebenfalls zum Rückgang der Wanderfischarten bei. „Wir müssen jetzt handeln, um diese Schlüsselarten und ihre Lebensräume zu retten,“
sagte Theresa Schiller, Wasserexpertin beim WWF Deutschland. Wanderfische sind zentraler Bestandteil der Kulturen vieler indigener Völker, sie ernähren weltweit Millionen von Menschen und sind Teil
eines Arten- und Ökosystemgeflechts, das ohne sie aus dem Gleichgewicht zu geraten droht.
„Intensive Bemühungen für intakte Fließgewässer können den katastrophalen Schwund an Wanderfischen bremsen oder den Trend sogar umkehren. Die internationale Freshwater Challenge, mit dem Ziel
weltweit 300.000 Kilometer degradierter Flüsse wiederherzustellen, kann dazu einen erheblichen Beitrag leisten“, so Schiller weiter. Auch die Ergebnisse des Berichts deuten auf die förderliche
Wirkung von Naturschutzbemühungen und verbesserten Managementpraktiken hin: Fast ein Drittel der erfassten Arten hat sich positiv entwickelt. Erfolgversprechende Maßnahmen sind etwa ein verbessertes
Fischereimanagement, die Wiederherstellung von Lebensräumen, der Rückbau von Querbauwerken in Flüssen, die Einrichtung von Schutzgebieten und ein gesetzlich verankerter Schutz.
Auch in Deutschland gibt es laut WWF in dieser Hinsicht noch viel Luft nach oben. Weniger als 10 Prozent der Gewässer in der Bundesrepublik sind in einem guten ökologischen Zustand. Fast kein Fluss
ist frei von Abstürzen, Wehren oder Staudämmen. Genau hier setzen die vielfältigen Projekte zur Schaffung frei fließender Flüsse des WWF Deutschlands an. Das übergeordnete Ziel: Bäche und Flüsse
von nicht mehr benötigten Barrieren befreien – und damit auch wandernden Fischarten helfen. Gleichzeitig warnt der WWF davor, die bereits geschädigten Ökosysteme durch neue Ausbauprojekte, etwa zur
Wasserkraftnutzung, weiter zu schwächen. Es brauche Rückbau, statt Ausbau. „Gerade kleine Wasserkraftwerke tragen kaum zur Energieversorgung bei, werden aber immer wieder zur Todesfalle für wandernde
Arten“, so Schiller.
Quelle: WWF
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