24. September 2024
Wal-Wanderrouten: Auf Kollisionskurs im arktischen Ozean
• | WWF Report kartiert erstmals Wanderrouten von Narwalen, Belugas und Grönlandwalen und identifiziert Überschneidungen mit zunehmendem Schiffsverkehr in der Arktis | |
• | Rückgang des Meereises wirkt sich auf Walrouten aus und ermöglicht mehr Schiffsverkehr |
Hamburg: Zweimal pro Jahr, im Frühjahr und im Herbst, vollzieht sich im Arktischen Ozean eine gewaltige Wanderung: Zehntausende Wale ziehen in die Region hinein oder hinaus oder legen innerhalb der nahrungsreichen arktischen Gewässer lange Distanzen zurück. Für ein Viertel
der Walarten auf der Erde ist der Arktische Ozean überlebenswichtig, ganz besonders die drei rein arktischen Walarten: Narwal, Beluga und
Grönlandwal. Die Meeressäuger wandern entlang unsichtbarer “blauer Korridore”, die zu regelrechten Wal-Highways werden. Ein neuer Online-Report des WWF kartiert erstmals die saisonalen Wanderrouten der arktischen Walarten
und gleicht diese mit Schiffsrouten ab.
„Arktische Wale und Schiffe nutzen oft dieselben Routen, das zeigen die neuen Karten deutlich. Für die Wale wird das gefährlich, der Unterwasserlärm setzt ihnen zu und das Risiko von
Schiffs-kollisionen ist hoch. Gerade Meerengen wie die 700 Kilometer lange Hudsonstraße werden zum gefährlichen Nadelöhr. Doch das Überleben der arktischen Walarten ist abhängig davon,
dass
sie sicher zwischen ihren Sommer- und Winterhabitaten wandern können“, sagt Heike Zidowitz, WWF Deutschland. Der ganze Lebenszyklus der Wale spielt sich entlang der blauen Korridore
ab. Sie verbinden ihre Sommer- und Winterlebensräume, wo sie Nahrung finden sowie sichere Refugien, um ihre Jungen aufzuziehen, wo sie
sich paaren sich und soziale Kontakte mit Art-genossen pflegen.
Der Druck auf die arktischen Wale nimmt durch die Klimakrise noch zu. Die Arktis erwärmt sich bis zu viermal schneller als der Rest des Planeten. In der Folge zieht sich das Meereis im Früh-jahr
früher zurück und bildet sich im Herbst später aus. Das hat Auswirkungen auf das Wander-verhalten der Wale, denn das Meereis bietet ihnen Schutz vor Räubern wie Orcas und beeinflusst das
Nahrungsangebot. Der Verlust des Meereises eröffnet neue Gebiete für industrielle Aktivitäten und führ zu einem dramatischen Anstieg des Schiffsverkehrs. Von 2013 bis 2023 ist die Zahl der Schiffe in
arktischen Gewässern um 37 Prozent gestiegen, die zurückgelegte Entfernung hat sich verdoppelt.
Der WWF fordert den Schifffahrtssektor auf, die blauen Korridore der Wale bei der Kursplanung zu berücksichtigen und Schifffahrtsrouten abseits dieser Korridore zu verlegen. Wo die Routen sich
untrennbar überschneiden, müsse die Fahrtgeschwindigkeit reduziert werden. An die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) richtet sich die Forderung, besondere Leitlinien zur Verringerung
von Unterwasserlärm in der Arktis zu entwickeln und Schutzmaßnahmen für Meeressäuger gemäß dem Polarkodex vorzuschreiben.
„Narwale, Belugas und Grönlandwale haben sich an die eisigen Gewässer optimal angepasst und sind sonst nirgends auf dem Planeten heimisch.
Doch Wale kennen keine Grenzen, und ihre Wanderrouten erstrecken sich über mehrere nationale und über internationale Gewässer, deshalb braucht es koordinierte Zusammenarbeit für ihren Schutz“, so
WWF-Expertin Zidowitz.
Quelle: WWF
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