12. Januar 2024 | Pressestatement
Zum Bundeshaushalt und Zweckentfremdung der Erlöse aus
Offshore-Wind-Auktionen
Haushaltsdeal zu Lasten des Meeresschutzes
Hamburg / Berlin: Die Bundesregierung hat Änderungen an ihrem Haushaltkompromiss ange-kündigt, über die heute im Haushaltsausschuss des Bundestags beraten wird. Insgesamt sollen über 785 Millionen
Euro aus Auktionserlösen für Offshore-Windkraft-Lizenzen nicht wie geplant dafür eingesetzt werden, die negativen Auswirkungen des Ausbaus auf die Meeresumwelt abzu-mildern und die Fischerei
umweltverträglicher zu machen. Der WWF kritisiert die nachträgliche Zweckentfremdung der Mittel scharf – neben den Kürzungen beim internationalen Klimaschutz und dem Aktionsprogramm Natürlicher
Klimaschutz.
Carla Langsenkamp, Expertin für Meeresschutz beim WWF Deutschland, sagt:
„Die Gelder aus den Offshore-Lizenz-Auktionen waren aus gutem Grund zweckgebunden: Sie sollten investiert werden, um der Klimakrise und die Biodiversitätskrise im Meer gleichzeitig entgegenzuwirken.
Es ist nun fraglich, wie ernst die Regierung diese Absicht noch nimmt. Zusätzliche Offshore-Windenergie ist für die Energiewende nötig, verursacht aber über die nächsten Jahrzehnte Schäden
an der Meeresumwelt. Nord- und Ostsee sind Lebensräume für unzählige Arten und als natürliche Kohlenstoffsenken entscheidend im Kampf gegen die Klimakrise. Doch den Meeren geht es schlecht. Die
Gelder sind daher zwingend erforderlich, um den geplanten Ausbau der Windanlagen mit dem Meeresschutz zu vereinbaren und die zwingend erforderliche Transformation hin zu einer umweltschonenden
Fischerei voranzutreiben.Diese Zweckentfremdung darf keinen Dammbruch darstellen: Wir erwarten, dass die Gelder aus den Offshore-Auktionen vollständig für ihren ursprünglichen Zweck eingesetzt
werden. Sie müssen als Grundstein für viele Jahrzehnte Schadensausgleich im Meer dienen. Etwa um Lebensräume zu schützen und wiederherzustellen oder die Krabbenfischerei für fischereifreie Zonen in
den Wattenmeer-Nationalparken zu entschädigen.“
Marianne Lotz, Klimaexpertin beim WWF Deutschland, ergänzt:
„Darüber hinaus sind milliardenschwere Kürzungen bei der Finanzierung des Klima- und Biodiversitätsschutzes im Kernhaushalt sowie im Klima- und Transformationsfonds vorgesehen. Bis 2027 summieren
sich die Kürzungen auf mindestens 32 Milliarden Euro. Damit wird auch das Versprechen des Bundeskanzlers, jährlich 6 Milliarden für die internationale Klimafinanzierung bereitzustellen, in Frage
gestellt - und damit die Glaubwürdigkeit Deutschlands auf dem internationalen Klimaschutzparkett. Schon vor dem Karlsruher Urteil und den Haushaltskürzungen reichten die jährlichen öffentlichen
Mittel des Bundes nicht aus, um die Klimaziele 2030 zu erreichen. Statt übereilter Haushaltskürzungen wäre die Bundesregierung gut beraten, die Finanzierung von Klimaschutz und Transformation auf
eine langfristig sichere und verlässliche Grundlage zu stellen. Dazu gehört eine klima- und naturverträgliche Ausrichtung des Bundeshaushalts - ebenso wie bei Steuern, Abgaben und Subventionen.
Ausgaben für Klima- und Naturschutz sind keine Verfügungsmasse zur Haushaltskonsolidierung, sondern sie sichern unsere Lebensgrundlagen.“
Hintergrund: Die geplanten Änderungen im Haushaltskompromiss sehen vor, statt bislang jeweils fünf Prozent der Erlöse aus Offshore-Lizenz-Auktionen 2023 nur noch ein Prozent an
den Fischereisektor bzw. 3,125 Prozent an den Meeresschutz bereit zu stellen. Dies bedeutet, dass von den Erlösen aus 2023 für die nachhaltige Fischerei nur noch 20 Prozent der ursprünglichen 670
Millionen Euro zur Verfügung stehen (134 Millionen Euro ans BMEL) und für den Meeres-naturschutz noch knapp 62 Prozent oder 420 Millionen Euro ans BMUV gehen. Dafür muss das
Windenergie-auf-See-Gesetz geändert werden. Der WWF kritisiert auch die Kürzungen der Mittel für den Natürlichen Klimaschutz um rund 30 Prozent, die im Rahmen des Aktionsprogramms
Natürlicher Klimaschutz beispielsweise in die Stärkung und Wiederherstellung von Wäldern, Mooren und Auen fließen sollen. Von ursprünglich bis 2027 vorgesehenen 5 Milliarden Euro stehen hierfür
voraussichtlich nur noch 3,5 Milliarden zur Verfügung. Die internationale Klimafinanzierung soll um rund 800 Millionen Euro gekürzt werden.
Quelle: WWF Deutschland
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