14. Oktober 2024
WWF-Bericht zu Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden
- Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden machen Fortschritte bei Berücksichtigung von Klimafragen
- Großer Nachholbedarf dagegen bei Fokus auf weitergefasste Umweltaspekte wie Naturverlust sowie bei umweltbezogenen Risiken
- Auch Bundesbank muss Signale gegen Umwelt- und Naturverlust setzen
Berlin: Der WWF zieht in seinem am Montag vorgestellten neuen SUSREG-Jahresbericht eine gemischte Bilanz zur Transformation der Zentralbanken und der Finanzaufsicht: So haben Zentralbanken sowie
Banken- und Versicherungsaufsichtsbehörden weltweit in den vergangenen Jahren zwar Fortschritte bei der Berücksichtigung finanzieller Risiken durch die Klimakrise gemacht, wie der WWF Sustainable
Financial Regulations and Central Bank Activities (SUSREG) Tracker 2024 zeigt. Bei anderen umweltbezogenen finanziellen Risiken wie Naturverlust oder Zerstörung von Ökosystemen dagegen sieht der WWF
großen Nachholbedarf.
„Tatenlos dem Naturverlust zuzuschauen, sollte für Zentralbanken und Finanzaufsichten ein Tabu sein”, sagt Jochen Krimphoff, Leiter Daten, Instrumente und Methoden der WWF-Initiative „Greening
Financial Regulation Initiative“ (GFRI). “Der Planet droht aus dem Gleichgewicht zu geraten. In den kommenden fünf Jahren müssen enorme Anstrengungen unternommen werden, um die Klima- und
Biodiversitätskrise abzuwenden. Auch die Banken- und Versicherungsaufsicht muss ihren Beitrag leisten, um die drohenden Krisen abzuwenden und dem Naturverlust Einhalt zu gebieten. Zentralbanken und
Finanzaufsichtsbehörden sollten hier jetzt und heute entschlossen handeln und alle in ihren Mandaten gegebenen Möglichkeiten ausschöpfen. Auch die Bundesbank muss da klare Signale
setzen.”
Wie der diesjährige SUSREG-Bericht zeigt, haben Banken- und Versicherungsaufsichtsbehörden zwischen 2021 und 2024 Fortschritte bei der Berücksichtigung von Klimafragen gemacht: So stiegen
entsprechende Maßnahmen in dem Zeitraum um 18 Prozent (Bankenaufsicht) bezie-hungsweise 17 Prozent (Finanzaufsichten). Der WWF-Bericht hebt in diesem Zusammenhang die EU, Singapur, Malaysia,
Hongkong, Großbritannien und Brasilien positiv hervor. Demnach ver-pflichtet eine zunehmende Zahl an Aufsichtsbehörden Finanzinstitutionen inzwischen zur Offenlegung ihrer Klimaziele und
Transformationspläne entsprechend des Pariser Klimaschutz-abkommens.
Allerdings hinkt der Großteil der Geld- und Währungspolitik bei der Einbettung von Klima- und Umweltrisiken hinterher. Nur wenige Zentralbanken, darunter die Bank of England, Banque de France,
Monetary Authority of Singapore sowie die Zentralbank Sloweniens haben mittlerweile begonnen, klimaschädliche Kapitalanlagen auslaufen zu lassen. Bei der Bundesbank steht eine klare
Stellungnahme noch aus.
Mit Blick auf die unzureichenden Nationalen Klimabeiträge droht eine Erderhitzung um 3°C bis zum Ende des Jahrhunderts. Zugleich könnte der Planet angesichts des zunehmenden Biodiversitätsverlusts
verschiedene Kipppunkte erreichen, welche abrupte und unumkehrbare Veränderungen mit sich bringen würden, wie der jüngste WWF Living Planet Report zeigt.
Bei der Berücksichtigung anderer umweltbezogener Finanzrisiken zeigt der SUSREG-Bericht, dass die Zentralbanken in sieben der zehn Länder mit der größten Artenvielfalt in diesem Punkt
hinterherhinken. Noch alarmierender ist, dass umweltbezogene Finanzrisiken bei keiner Finanz-aufsichtsbehörde dieser zehn Länder berücksichtigt werden. Weil viele Wirtschaftsaktivitäten, welche
Naturverlust in diesen Ländern befördern, vom Banken- und Versicherungssektor finanziert und abgesichert werden, sieht der WWF hierin eine besorgniserregende Entwicklung und nennt alarmierende
Zahlen: Während Investitionen, die die Klimakrise, den Biodiversitätsver-lust und die Schwächung von Ökosystemen verschärfen, sich auf schätzungsweise knapp sieben Billionen Dollar pro Jahr belaufen,
kommen Finanzströme für naturbasierte Lösungen auf lediglich 200 Milliarden Dollar pro Jahr.
„Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden tun derzeit viel zu wenig, um die globalen Klima- und Biodiversitätsziele zu erreichen und gefährliche Kipppunkte zu vermeiden, die unserem Planeten und
unserer Wirtschaft enormen Schaden zufügen werden“, sagt Maud Abdelli, Leiterin der WWF-Zentralbankinitiative.
Der WWF hält die nächsten fünf Jahre für entscheidend, um die Welt auf einen nachhaltigen Transformationspfad zu bringen und verweist darauf, dass die Kosten des Nichthandelns um ein Vielfaches höher
und die Konsequenzen unberechenbar seien. Er fordert Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden deshalb auf, umweltbezogene Finanzrisiken im Finanzsystem durch stärkere Aufsichts- und
Umsetzungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Hierzu dienen Regulierungs-rahmenwerke mit einem Fokus auf Risikoanalyse und -management, Stresstestmodelle sowie qualitative und quantitative
Offenlegungsprozesse. Die Aktionspläne der Banken- und Finanzauf-sichten müssen aufschlüsseln, wie von der Staatengemeinschaft beschlossene Klima- und Umweltziele konkret erreicht werden
sollen.
Quelle: WWF
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