Berlin, Radolfzell, Tirana. Bei der Tourismusmesse in Berlin soll das Thema Nachhaltigkeit im Mittelpunkt stehen. Doch
ausgerechnet Albanien, das offizielle Gastland der ITB, setzt auf Luxus- und Massentourismus statt auf nachhaltigen Ökotourismus. Albaniens Premierminister Edi Rama und die Ministerin für Tourismus
und Umwelt, Mirela Kumbaro, werden am Montag, 3. März die ITB eröffnen. Sehr wahrscheinlich werden sie nicht nur die großartigen Landschaften und das reiche kulturelle Erbe Albaniens herausstellen,
sondern auch betonen, dass Albanien Vorreiter im Naturtourismus sei. Tatsächlich hat die Regierung in Tirana im März 2023, nach jahrelangem Einsatz von EuroNatur und ihren Partnern in der Blue
Heart-Kampagne, die Vjosa und ihre Nebenflüsse als ersten Wildfluss-Nationalpark Europas ausgewiesen.
Doch dieser Nationalpark gerät an gleich mehreren Stellen massiv unter Druck. An der Shushica, einem wichtigen Zufluss der Vjosa, wurden bereits etliche Kilometer Rohre verlegt, die das Wasser der
Shushica an die albanische Küste umleiten sollen. Im Vjosa-Delta und in unmittelbarer Nähe der Narta Lagune wird zudem mit Hochdruck am geplanten Vlora-Flughafen gearbeitet. Für den Flughafenbau, der
viele Touristen in den Süden Albaniens locken soll, wurden im Rahmen einer sehr umstrittenen, möglicherweise sogar rechtswidrigen Gesetzesänderung extra neue Grenzen gezogen – das Baugebiet wurde aus
der geschützten Zone „ausgeschnitten“. Nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern auch in Bezug auf die Flugsicherheit muss das Projekt inmitten eines wichtigen Feuchtgebiets für Vögel gestoppt
werden, fordern EuroNatur und ihre albanischen Partner.
„Der geplante Bau des internationalen Vlora-Flughafens innerhalb des Narta-Schutzgebiets ist ein deutliches Zeichen dafür, wie die albanische Regierung mit dem Zustand der Wildnisgebiete des Landes
umgeht. Diese Naturjuwelen werden nur beworben, um Touristen anzulocken“, sagt Zydjon Vorpsi von der albanischen Naturschutzorganisation PPNEA. „Die Missachtung nationaler und internationaler
Gesetze, der Berner Konvention und der wissenschaftlichen Gemeinschaft sowie europäischer Institutionen sind der Beweis dafür, dass das Gerede über Natur und Ökotourismus auf internationalen
Veranstaltungen wie der ITB nur eine grüne Fassade ist, die die Zerstörung der natürlichen Einzigartigkeit Albaniens verschleiert“, so Vorpsi.
Zuletzt machte Albanien in Sachen Tourismus auf sich aufmerksam, als Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner von Albaniens Regierung die Lizenz bekommen hat, auf der naturbelassenen Insel Sazan ein
Luxusresort zu bauen. „Es spricht alles dafür, dass Edi Rama bei seiner Ankündigung, Albanien zum ‚Tourismus-Champion‘ zu machen, keinerlei Rücksicht auf die Natur nimmt“, sagt
EuroNatur-Geschäftsführer Gabriel Schwaderer. „Unverbauten Flüssen wird das Wasser abgegraben, wertvolle Feuchtgebiete müssen Flughäfen weichen und der Ausverkauf der letzten wilden Küstenabschnitte
des Landes hat begonnen.“
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