12. Dezember 2025
Pflegenotstand im Naturschutz
Biologische Vielfalt in Gefahr – GNA rüstet sich für neue Herausforderungen
Main-Kinzig-Kreis. Die Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung (GNA e.V.) kritisiert in ihrer Bilanz zum Jahresende den Pflegenotstand im Naturschutz und die fehlende Unterstützung beim Erhalt von Lebensräumen.
GNA-Vorsitzende Susanne Hufmann: „Der Begriff Pflegenotstand bezieht sich natürlich nicht auf fehlendes Personal wie im Gesundheitswesen, sondern auf fehlende Finanzmittel und aus-bleibende Unterstützung bei der Biotop- und Landschaftspflege.“ Mit fatalen Konsequenzen für die Artenvielfalt. Das Thema begleite die Naturschützer tagtäglich. „Wir arbeiten unermüdlich daran, diese Lücke zu füllen. Denn bleibt die Pflege und Betreuung von Lebensräumen in der vom Menschen geschaffenen Kulturlandschaft an der Kinzig aus, sind viele heimische Tier- und Pflanzenarten in ihrem Bestand bedroht.“
Verlust von Lebensräumen. Außerhalb der Naturschutz- und FFH-Gebiete, die in Hessen von den Forstämtern betreut werden, verlanden zunehmend wertvolle Auenbiotope, verschwinden Amphibienlaichplätze und überwuchern Weiden die Nahrungs- und Rastflächen der Zugvögel. Viel zu große Gehölzriegel zerschneiden die ehemals offene Flusslandschaft, die dem sensiblen Kiebitz und der seltenen Bekassine als Lebensraum und Brutplatz diente. Flutmulden und Gräben trocknen immer mehr aus, weil ein vernünftiges Wassermanagement fehlt und Biotopverbünde brechen zusammen, weil wichtige Trittsteinbiotope nicht mehr funktionstüchtig sind.
Gut zu wissen: FFH-Gebiete sind europäische Schutzgebiete, die die Lebensräume seltener Tier- und Pflanzenarten sichern. Sie basieren auf der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und bilden mit den Vogelschutzgebieten das Natura 2000 - Netzwerk, um die biologische Vielfalt zu erhalten.
Praktische Naturschutzarbeit ist der Schlüssel. „Die Bandbreite unserer Projekte zeigt, dass wir immer mehr „in die Jahre gekommene“ Biotope sanieren müssen, bereits renaturierte Regionen weiterentwickeln und den Erhalt von wertvollem Grünland durch extensive Pflege - sei es durch eine behutsame Beweidung oder ein schonendes Mähen - langfristig sicherstellen.“ ergänzt Günter Könitzer, stellvertretender Vorsitzende der GNA. „Unsere aktuelle Maßnahme in Gelnhausen trägt beispielsweise dazu bei, eine fast vergessene Auenlandschaft mit einem hohen Renaturierungsstau wiederzubeleben.“
Gut zu wissen: Renaturierung bedeutet die Rückführung in einen natürlicheren Zustand. Dies bedeutet aber nicht die Aufgabe jeglicher Nutzung, Pflege und Betreuung durch den Menschen.
Reaktivierung der Elbertsaue. Nach mehr als zweijähriger Planung und Vorbereitung begannen im Oktober 2025 die umfangreichen Arbeiten. Von Grund auf sanierte die GNA einen Auentümpel und befreite ihn vom starken Weidenaufwuchs. Könitzer: „Diese Maßnahme ist aber nur ein erster Schritt auf dem langen Weg zu einem lebendigen Auenabschnitt.“ Das Ziel des Auenschützers: Die ökologische Aufwertung der mittleren Kinzigaue. Geplant sei ein großes Laichhabitat für den anspruchsvollen Laubfrosch, ebenso die Sanierung weiterer Feuchtbiotope. Denn im Auenver-bund Kinzig ist es für wiesenbrütende Vögel und zahlreiche weitere Arten wichtig, den Charakter des Offenlandes wiederherzustellen. Viele Lebensraumstrukturen sind zu optimieren, um Klein-vögel und -säuger, Amphibien, Libellen und andere Wasserinsekten zu fördern.
Artenvielfalt im Hessischen Spessart. In der Lohrbachaue zählt der Rückbau eines baufälligen Stalls, der die natürliche Bachdynamik störte, zu den Maßnahmen der ersten Stunde. In eine große Flutmulde betteten die Naturschützer Fortpflanzungstümpel für Erdkröte, Grasfrosch, Feuersalamander, Teichmolch & Co., so dass die Amphibienentwicklung auch in trockenen Frühjahren gelingt. Um Gehölze aus den Wiesen zu verdrängen, wurde gemäht. Die Wiedervernässung der Aue führt dazu, dass sich das Schilfröhricht erholt. Der Lohrbach ist vom baulustigen Biber geprägt, der Dämme errichtet und sich nun frei entfalten kann.
Gut zu wissen: Der massive Rückgang selbst häufig vorkommender Amphibien wird vor allem durch den Verlust von Lebensräumen verursacht, der auf Flächenverbrauch, die Landwirtschaft und die Zerschneidung der Landschaft durch Straßen und Siedlungen zurückzuführen ist. Weitere Faktoren sind der Einsatz von Pestiziden, die Trockenheit infolge des Klimawandels sowie der Tod durch den Straßenverkehr.
Etwas trübt die Freude: Das Drüsige Springkraut, das sich entlang des Baches ausbreitet. Da es einjährig ist, flach wurzelt und seine Ausbreitung nur über Samen erfolgt, ist die Rückdrängung eigentlich einfach, aber immens arbeits- und zeitintensiv. Hier zeigt sich wieder das ganze Ausmaß des Pflegenotstandes: Per Hand lassen sich die Pflanzen zwar ausreißen, was bereits durch den örtlichen Naturschutz versucht wurde. Doch die Bestände sind zu groß und die Manpower ist zu gering, um wirklich effektiv zu sein. Finanzielle Unterstützung durch die Behörden: Leider nicht möglich. Aber: Die GNA arbeitet an einer Lösung.
Gut zu wissen: Das Drüsige Springkraut ist eine invasive Art und verdrängt durch seinen schnellen Wuchs die heimische Flora an Bächen und Flüssen.
Das Feuchtgebiet Eschenkar in Bad Orb ist ein weiterer „Pflegefall“, um den sich das Team der GNA bemüht. Der Klimawandel setzt dem Moorstandort zu. Die Trockenheit der letzten Jahre förderte Gehölze (Fichte und Birke), die die Torfmoose beschatten und um Wasser konkurrieren. Ohne das geplante „Freistellen“ werden der geschützte Sonnentau, Fieberklee und das Moor mit seinen besonderen Bewohnern schon bald verschwinden. Die Wiederherstellung der Artenvielfalt am Philosophenweg in Bad Orb und ein zweiter Obstbaumschnitt im Projektgebiet Lohrhaupten sind momentan weitere „Pflegeprojekte der GNA“.
Gut zu wissen: Die Renaturierung von Mooren ist für den Klimaschutz von großer Bedeutung, da sie einen wichtigen Beitrag zur CO2-Speicherung leisten.
Die Biologische Vielfalt ist in Gefahr. Die GNA tut etwas dagegen! Seit über 20 Jahren!
Mithilfe von Spenden für den Natur- und Artenschutz macht sich die GNA stark für den Erhalt der letzten Naturparadiese im Main-Kinzig-Kreis.
Hufmann: „Lernen Sie unsere Projekte kennen und unterstützen Sie uns auch weiterhin. Denn nur gemeinsam kann Naturschutz gelingen. Vielen Dank!“
Die GNA ist eine gemeinnützige und unabhängige Naturschutzorganisation, die Spenden-
quittungen ausstellen darf. Das Spendenkonto bei der Raiffeisenbank Rodenbach hat die
IBAN DE75 5066 3699 0001 0708 00.
Projektnachrichten, Bilder von Aktionen, Veranstaltungen und Informationen zu aktuellen Bau-stellen sind unter www.gna-aue.de zu finden.
Immer gut informiert ist man mit dem GNA Newsletter. Der kommt per E-Mail, kann kostenfrei abonniert und jederzeit abbestellt werden. Anmeldung über gna.aue@web.de.
Quelle: GNA e.V.
12/12/2025
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