Ab sofort finden Sie an dieser Stelle regelmäßig Kurzbeiträge zu wichtigen Nachhaltigkeitsthemen unserer Zeit. Die Beiträge stammen von der Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung.
2/2022
Steine blühen nicht
Die neue Lust am Gärtnern ist da. Schrebergärten erleben einen Ansturm wie noch nie, Zeitschriften über die Idylle des Landlebens boomen und zahllose Gartenbücher erscheinen jedes Jahr rechtzeitig zum Saisonbeginn in den Auslagen der Buchläden. Eine mögliche Erklärung: Das „Buddeln“ in der Erde, der Anbau von eigenem Obst und Gemüse befriedigt ein Urbedürfnis vieler vor allem in Städten lebender Menschen. Und auch das Gefühl, der Natur etwas zurückgeben und selbst etwas für den Erhalt der Biodiversität tun zu können, scheint ein Motiv zu sein.
Aber Gärtnern ist nicht gleich Gärtnern. Nahezu zeitgleich erreichen Dokutainment-Formate wie „Duell der Gartenprofis“, in dem zwei Gartenbauunternehmer Ideen für vermeintliche Traum-gärten entwickeln und um einen Auftrag kämpfen, ungeahnte Einschaltquoten. Nur: Die dort vorgestellten Konzepte für den lang ersehnten Traumgarten haben mit Natürlichkeit nichts zu tun und folgen einem immer gleichen Schema: Überdimensionierte Terrassen verlagern Wohnzimmer nach draußen, wertvoller Erdboden wird durch Trittplatten, Wege und Grillplatz versiegelt und sogar alte Obstbäume müssen nichtheimischen Gehölzen weichen.
Modern und pflegeleicht soll es sein. Unzählige Tonnen von Natursteinen, deren Herkünfte wegen der damit einhergehenden Landschaftszerstörung hinterfragt gehören, finden ihren Weg als „Rasenmähkante“ oder Hochbeet-Umrandungen in noch so kleine Außenbereiche. Dass bei so viel Einsatz insektenfreundliche Brachen und letzte Wildnisecken in den ansonsten sterilen Neubaugebieten für immer vernichtet werden, scheint weder die Protagonisten noch den Fern-sehsender zu stören. Rindenmulch, Vliese und Folien zur Rückdrängung von so genannten „Unkräutern“, die es für einen Botaniker gar nicht gibt, dürfen natürlich auch nicht fehlen.
Zum krönenden Abschluss umrandet der immergrüne Kirschlorbeer einen sattgrünen Rollrasen, um wenigstens einen Anstrich von „Grün“ in die neue Außenanlage zu zaubern. Dabei müssten
es die gelernten Landschaftsgärtner doch eigentlich besser wissen. Und ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender mit Bildungsauftrag in Zeiten von Klimawandel und Artenschwund sich seiner besonderen Verantwortung bewusster sein.
Während viele immer noch mit Giftspritze und Unkrautvernichter in ihren Einheitsgärten mit Thujahecke und Schotterflächen gegen jedes noch so kleine Pflänzchen vorgehen, hat aber zum großen Glück schon längst ein Umdenken eingesetzt. Man kann beinahe von einer Gegen-bewegung sprechen, denn: Das „natürliche Gärtnern“ wird wieder groß geschrieben. Der Garten wird – endlich - als „ein kleines Stück Umwelt“ betrachtet, als Ökosystem und Lebens-raum, in dem es gilt, die biologische Vielfalt zu bewahren und zu fördern. Bedenkt man, dass in Deutsch-land etwa 17 Millionen Gärten mit einer Gesamtfläche von 6.000 Quadratkilometern existieren – das ist das Fünffache der als Naturschutzgebiete ausgewiesenen Flächen (ca. 1.240 Quadrat-kilometer) – wird klar, wie wichtig natur- und umweltverträgliches Gärtnern wirklich ist.
Tauschbörsen für heimische Wildsamen und Stauden florieren und bieten Naturgärtnern
und denen, die es werden wollen, eine willkommene Gelegenheit, gemeinsam Aspekte des biolo-gischen Gärtners zu beleuchten, denn wassersparendes Gießen, richtiges Düngen oder auch das erfolgreiche
Kompostieren von Garten- und Küchenabfällen wollen gelernt sein.
Die Natur für sich nutzen, ohne sie zu zerstören. Im Garten leben, sich erholen, ein Garten für die Gesundheit und das Wohlbefinden. Aber auch ein Garten für Tiere wie Igel und Maulwurf, Vögel, Käfer und Insekten. Der natürliche Garten ist ein gangbarer und unverzichtbarer Weg, im Gleichgewicht mit der Umwelt zu leben und kommenden Generationen ein Stück Natur zu schenken. Packen wir es an!
Autorin: Dipl.-Biol. Susanne Hufmann | GNA
01/2022
Kein Torf in den Topf - Moore und Klima schützen
Die UN-Klimakonferenz in Glasgow ist beendet. Was bleibt, ist Rätselraten über die Wirksamkeit der beschlossenen Maßnahmen. Eins aber ist sicher: Klimaschutz fängt im Kleinem an. Jede(r) Einzelne kann und sollte darüber nachdenken. Denn selbst die Wahl der Blumenerde, die für Balkonpflanzen oder die Gartengestaltung verwendet wird, ist relevant für unser Klima. Wie das?
Wer einmal mit offenen Augen durch einen Baumarkt oder ein Gartencenter geht, wird schnell feststellen, dass die meisten Angebote, die als Blumenerde deklariert sind, hauptsächlich Torf enthalten. Doch was ist Torf eigentlich? Und was bringt Torf meinen Pflanzen? Für die meisten Blumenliebhaber ist die Antwort wahrscheinlich überraschend. Torf ist der Stoff, aus dem unsere Moore bestehen. Und den Pflanzen bringt er erst einmal NICHTS!
Moore sind weltweit bedroht, inzwischen sehr seltene Ökosysteme und als Lebensräume für ganz besondere Tier- und Pflanzenarten von immenser Bedeutung. Damit nicht genug: Moore sind außerordentlich klimarelevant, denn sie speichern das Treibhausgas Kohlendioxid.
Die Nutzung der vor etwa 12.000 Jahren natürlich entstandenen Moore begann schon ganz früh. Moorstandorte wurden zur land- und forstwirtschaftlichen Zwecken systematisch durch Gräben entwässert und genutzt, Torf wurde abgebaut, getrocknet und als Brenn- und Heizstoff verwendet. Obwohl bekannt ist, dass die Folgen dieser Eingriffe unumkehrbar sind, geschehen sie heute noch überall und zu jeder Zeit auf unserem Planeten. Zurück bleiben ein gestörter Wasserhaushalt, Bodenerosion und der Verlust einer ursprünglichen und einzigartigen Moorvegetation.
Dazu zählt in erster Linie das Torfmoos, das entscheidend für die Entstehung von Mooren ist. Denn die kleinen wurzellosen Pflänzchen können unbegrenzt wachsen. Die Basis unter Wasser stirbt dagegen aufgrund des Luftabschlusses ab. Aus den sich unvollständig zersetzenden Pflanzenresten entsteht der allseits beliebte Torf.
So weit so gut. Aber wussten Sie, dass dieser Prozess extrem langsam abläuft? Dass Torf durchschnittlich nur 1 Millimeter pro Jahr wächst? Aber dabei dauerhaft Treibhausgase bindet?
Dass Torf wider besseres Wissens immer noch sehr gerne im Garten und auf dem Balkon eingesetzt wird, hat zugegebenermaßen gleich mehrere gute, teils verführerische Gründe: Torf ist leicht und einfach zu transportieren. Torf speichert viel Wasser, ohne dass Pflanzenwurzeln an Sauerstoffmangel leiden. Torf hat einen niedrigen pH-Wert und kann mit Hilfe von Kalk an unterschiedlichste Pflanzenbedürfnisse angepasst werden. Und zu guter Letzt: Torf ist nährstoffarm, weshalb ihm Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphate zugesetzt werden können, aber auch müssen, denn ohne Nährstoff kein Pflanzenwachstum.
Doch das begehrte Gut wird knapp. Die globalen Vorräte können nur noch wenige Jahrzehnte unseren Bedarf decken. Hinzu kommt, dass der Torfabbau große Mengen Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre freisetzt. Verschärft wird die Situation dadurch, dass die heute schon unter dem Klimawandel leidenden Moorgebiete in Rußland, Skandinavien und im Baltikum seit geraumer Zeit „unlöschbar“ brennen und die Freisetzung von CO2 damit zusätzlich vorantreiben.
Moorschutz ist Klimaschutz. Nach industriell betriebener Abtorfung, großflächiger Entwäs-serung, Umnutzung für Landwirtschaft und Siedlung, Belastung durch Großvorhaben wie Autobahn- und Flughafenausbau u.v.m. sind in Deutschland nur noch 1 Prozent der Moore unbeeinflusst. Dass das nicht nur für das Klima schlecht ist, versteht sich von selbst. Durch die Entwässerung der Feuchtgebiete kommt es zu Artenverarmung und Biodiversitätsverlusten. Moosbeere, Wollgras und Sonnentau verschwinden, viele ans Moor angepasste Schmetterlings-arten sind akut gefährdet, Libellen und Fledermäuse sind ebenso betroffen wie Kreuzotter und Moorfrosch. Die Renaturierung und Wiedervernässung degradierter Moore könnte somit nicht nur einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch zum Artenschutz leisten.
Aber auch im heimischen Umfeld ist der vollständige Verzicht oder zumindest eine starke Reduzierung des Torfeinsatzes aus vielerlei Gründen sinnvoll. Somit gilt ab sofort: Kein Torf in den Topf. Im Internet finden sich viele Beispiele klimafreundlicher Alternativen wie beispielsweise der eigene Kompost.
Autorin: Dipl.-Biol. Susanne Hufmann | GNA
|